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Berlin: Ökumenische Expedition

Viele Gemeinden sind vom Kirchentag angetan – doch es gibt auch Kritik an der Inhaltslosigkeit

Was bleibt, wenn der Kirchentag vorbei, der Weihrauch verflogen ist? Ein dickes – ein zwanzigprozentiges – Umsatzplus beim Berliner Einzelhandel, zufriedene Gesichter bei den Hoteliers und überschäumende Gefühle bei den Kirchengemeinden. Keiner, der nicht von dem überwältigenden Erlebnis der Gemeinsamkeit erzählt. Nur einige wenige sagen: Mit dem Kirchentag ist die Ökumene keinen Schritt weiter gekommen.

Pater Josef von der Wilmersdorfer St. LudwigGemeinde, der zweitgrößten katholischen Gemeinde in Berlin, ist begeistert. Mit dem Abschlussgottesdienst, bei dem evangelische wie katholische Gottesdienstelemente zelebriert wurden, sei möglicherweise ein neue Form des gemeinsamen Feierns gefunden worden. Pater Josefs leise Hoffnung: „Möglicherweise entdecken die evangelischen Christen die Liturgie.“

Euphorisch auch der katholische Pfarrer Bernhard Ollmert von St. Martin in Kaulsdorf: „Der Kirchentag hat gezeigt, dass Ökumene nicht der kleinste gemeinsame Nenner, ein Stückchen Glaubensverlust ist, sondern dass die beiden Konfessionen sich mit ihren Schätzen bereichern können.“ Mit dem gemeinsamen Abendmahl in der Gethsemanekirche, sagt Knut Soppa, evangelischer Pfarrer im Ruhestand in der Gedächtniskirche, hat „die Mauer, die der Papst zuvor mit seinen Enzyklika aufgerichtet hat, einen Riss bekommen“. Soppa nimmt es als gutes Zeichen, dass das Abendmahl „entgegen der Ankündigung noch keinen Eklat bei der katholischen Amtskirche provoziert hat“.

Himmlisches Jauchzen überall? Nein, der evangelische Pfarrer Stephan Frielinghaus von der Friedrichstadtgemeinde sieht bestätigt, was er vorher befürchtet hat: „die absolute Folgenlosigkeit von Großveranstaltungen“. Sicherlich, der Kirchentag habe viele Kontakte geknüpft. Doch für die eigentliche inhaltliche Arbeit an der Ökumene habe das Treffen „keinerlei Impulse“ gegeben. „Diese Fragen sind zu kompliziert, um sie auf solchen Risesenveranstaltungen zu diskutieren.“ Heikle Themen seien zudem ausgespart worden. „Dieser Kirchentag war ein Etikettenschwindel“, kritisiert Frielinghaus. „Da wurde etwas als ökumenisch verkauft, was gar nicht ökumenisch war.“ Bestes Beispiel dafür der Schlussgottesdienst. Die katholische Kirche habe ihre Gläubigen aufgerufen, zuvor einen katholischen Gottesdienst zu besuchen. „Der Abschlussgottesdienst zählte aus katholischer Sicht nicht als Gottesdienst“, sagt Frielinghaus. „Das veralbert die evangelischen Christen.“ frh

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