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Berlin: Offene Türen eingerannt

Demokratie zum Anfassen: Schon am ersten Tag der offenen Tür in den Bundesministerien kamen über 50 000 Besucher

Die Taschen mussten aus Sicherheitsgründen draußen bleiben, sehr zum Kummer vieler Frauen. Kurz nach 10 Uhr stapelten sich bereits über 1000 Taschen in einem großen, weißen Zelt direkt vor dem Kanzleramt. Aber es wurden Nummern ausgeteilt, wie an der Garderobe im Theater. Zum Tag der offenen Tür der Bundesregierung war das Kanzleramt am Sonnabend wieder Hauptanziehungspunkt. Mehr als 50000 Gäste besuchten die Bundesministerien, heute werden noch mehr erwartet. Gerhard Schröder will gegen 15.30 Uhr durch den Kanzlerpark spazieren, auch Bundespräsident Johannes Rau lädt von 10 Uhr an ins Schloss Bellevue.

So turbulent wie im Kanzleramt mit seinem historischen Jahrmarkt wird es dort wohl nicht zugehen. Schon von weitem schallten altertümliche Rummelmusik, aber auch moderne Rockklänge der Polizeiband „Solid Rock“ über den Spreebogen und lockten die Menschen an. Viele hofften, den Kanzler zu sehen – vergebens.

Schon eine Stunde vor dem Einlass um 10 Uhr hatte sich eine erste Schlange gebildet, ebenso groß wie gegenüber vor dem Reichstag. Vom Südeingang des Kanzleramtes wurden die Gäste durch den Ehrenhof geführt, vorbei am offenen MercedesCabrio des ersten Bundeskanzlers Konrad Adenauer. Bei Rundgängen durch die unteren Etagen ging es an Ausstellungen über die früheren Regierungschefs vorbei, durch Konferenzräume und Büroflure. „Alles vom Feinsten“ oder: „Viel zu nüchtern“, sagten die Leute. Ansonsten herrschte fast andächtige Stille.

Ursula und Heinrich Wagner aus Pfaffenweiler bei Freiburg gehörten zu den ersten, die sich vormittags durchs Haus führen ließen. Sie waren vom Kanzleramt begeistert: „Hier repräsentiert sich die Bundesrepublik, hier muss schon was Richtiges stehen“, sagten sie und fanden das Kanzleramt goldrichtig. Über Brücken schlenderten die Besucher auf die andere Seite und genossen über dem Fluss eine Perspektive, die sich höchstens einmal im Jahr am Tag der offenen Tür bietet. Am andern Ufer hatte das Kanzleramt mit dem Deutschen Schaustellerverband einen historischen Jahrmarkt aufgebaut, es gab zudem politische Information, Kinder-Vergnügen, Quiz und Rockmusik.

Musik gab es auch im Auswärtigen Amt und im Verteidigungsministerium. Die Bundeswehr hat an der Stauffenbergstraße eine Militärschau aufgebaut. Auffallend war das große Interesse von Frauen. Viele zwängten sich hinters Cockpit eines Eurofighter-Kampfjets, ein Pilot gab Nachhilfe („Handtasche besser draußen lassen“) und beantwortete Fragen wie diese: „Wohin mit den Händen?“

An einen Kasernenhof erinnert höchstens die Erbsensuppe aus der Gulaschkanone. Begeistert wurde das Angebot genutzt, abgestempelte Feldpostkarten zu verschicken. „Viel exotischer als eine Karte aus Gran Canaria“, sagte die 17-jährige Nadia. Ihr Freund Maik hatte Prospekte über die Karrierechancen als Unteroffizier in der Hand. Sein Kommentar: „Man kann ja mal sehen.“C.v.L./Ha

Weitere Informationen im Internet unter: www.bundesregierung.de

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