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Berlin: Ohne Box bleibt der Bildschirm schwarz

Im Oktober startet das Digital-TV. Wer noch mit Antenne fernsieht, braucht für 200 Euro einen Dekoder – das sind in Berlin 250 000 Menschen

Von Jörn Hasselmann

In Berliner Antennenhaushalten wird der Bildschirm bald schwarz. Am 31. Oktober werden mit RTL 2 und Pro 7 die ersten beiden Sender abgeschaltet. Etwa im Februar / März sollen dann die restlichen Privatsender, also vor allem RTL und Sat 1, gekappt werden; wenig später auch ARD, ZDF und die dritten Programme. In die frei werdenden beiden Kanäle werden am 1. November die ersten acht digitalen Programme gespeist (ARD, ZDF, SFB, ORB, RTL, RTL 2, Sat 1 und Pro 7) – doch um die zu empfangen, muss ein derzeit etwa 200 Euro teurer Dekoder gekauft werden, der zwischen Fernseher und Dachantenne gestöpselt wird und die digitalen Daten für den analogen Fernseher übersetzt.

Mit diesem Gerät lassen sich dann terrestrisch (also über eine Dach- oder Zimmer-Antenne) künftig 24 Programme empfangen, fast so viele also wie bislang mit Kabelanschluss. Dies kündigte gestern der Direktor der Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB), Hans Hege, an. Ab Mitte nächsten Jahres wird kein analoges Programm mehr über Antenne zu empfangen sein. „Manch einer nimmt das wohl noch nicht richtig ernst“, sagte Hege, „aber es wird tatsächlich abgeschaltet.“

Derzeit nutzen etwa noch 250 000 Haushalte in Berlin und dem Speckgürtel Dach- oder Zimmerantennen. Sie müssen sich für jeden ihrer Fernseher eine der so genannten Set-Top-Boxen kaufen – oder eine Satellitenschüssel montieren beziehungsweise Kabelanschluss beantragen. Hintergrund dieser Änderung ist, dass die Sender die teure Ausstrahlung über Antenne sparen wollen; Berlin ist bundesweit Vorreiter. Die Einführung des terrestrischen Digitalfernsehens hat mehrere Vorteile, auch finanzielle: Zum einen lassen sich künftig mit einer taschenbuchgroßen Zimmerantenne überall 24 Sender empfangen, ob im Kleingarten, im Wohnmobil oder in der Küche, wo bislang die Kabelsteckdose fehlte.

Und die mehreren hunderttausend Kabelkunden in Berlin können künftig kräftig sparen. Denn der Dekoder kostet nur einmalig Geld, während die Kabelgebühren monatlich mindestens 15 Euro betragen. Nach einem guten Jahr hat man also die 200 Euro für den Dekoder drin – und sieht dann gratis fern. Die Zahl der Sender wird mit Dekoder nur minimal geringer sein, nur wenige Kleinstsender sind dann im Kabel zusätzlich drin. Experten empfehlen Kabelkunden aber einen Blick in ihren Vertrag: auf die Laufzeit und die Kündigungsbedingungen.

Die MABB erwartet, dass die Preise der Geräte weiter sinken werden, vor allem nach dem Weihnachtsgeschäft. So waren es im Februar diesen Jahres noch 400 Euro.

Wer auf RTL 2 verzichten kann, sollte also mit dem Kauf der Box bis zum Frühjahr warten, wenn weitere Sender abgeschaltet werden. Für Pro 7, der auch zum 31. Oktober abgeschaltet werden sollte, wurde durch die Pleite des Senders TV-Berlin bis März ein – schwächerer – Ausweichkanal gefunden.

Der Berliner Mieterverein warnte gestern alle Vermieter davor, die Umstellung zum Anlass zu nehmen, Mieter mit unnützen Investitionen zu belasten. Denn die Hausantennen können wie die Verkabelung und der Fernseher weiter benutzt werden. Der Geschäftsführer des Mietervereins, Hartmann Vetter, sagte, dass zum Beispiel die große Gesellschaft Gehag ihren Mietern eine „Modernisierung“ der TV-Versorgung ankündigte, die auf die Miete umgelegt werden sollte. Die Gehag hat dies mittlerweile nach Protesten zurückgezogen. Vetter warnte alle Mieter zudem davor, jetzt auf Druck des Vermieters Kabelanschluss-Verträge abzuschließen, oder sich an der Haustür irgendwelche Multimedia-Pakete aufschwatzen zu lassen.

Informationen im Internet:

www.mabb.de/digital/index.html

www.berliner-mieterverein.de

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