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Präsidentenkarre. Im Korso rollten die edlen Oldtimer am Samstag über den Ku’damm – darunter der Dienstwagen des früheren Bundespräsidenten Theodor Heuss, eine Mercedes-Limousine von 1935. Foto: Davids

© DAVIDS

Oldtimertreffen auf dem Kurfürstendamm: Alte Lieben rosten nicht

Benz-Limousine, Elvis-Cadillac, Flower-Käfer: An diesem Wochenende funkeln bei den "Classic Days Berlin" 2000 Oldtimer auf dem Kurfürstendamm - und die Berliner kommen in Scharen.

Wenn Theodor Heuss zur Arbeit fuhr, saß er so bequem, wie es einem Staatsmann seines Formates gebührt. Er lehnte sich weit zurück auf der grau gepolsterten Rückbank seines Mercedes, zündete sich eine seiner geliebten Zigarren am Anzünder in der Armlehne an und blickte an den goldenen Kordeln vorbei auf den Hinterkopf seines Fahrers.

Am radkappengroßen Lenkrad sitzt jetzt Harald Kromski, seines Zeichens Betriebsleiter bei Mercedes-Benz, und chauffiert die Limousine aus dem Jahr 1935 an der Menge vorbei. Der Motor schnurrt noch immer zufrieden, aber das Lenken, das braucht Muskeln. "Da kommt der Begriff Kraftfahrer richtig zum Tragen", schnauft Kromski.

Mit einem Korso, angeführt vom Mercedes des ersten Bundespräsidenten, begannen am Samstagmorgen die zweiten "Classic Days Berlin". Auf dem Kurfürstendamm sind bis zum Sonntagabend rund 2000 historische Automobile zu bewundern, die ältesten von ihnen bis zu hundert Jahre alt. Bereits 2011 hatte das Event mehr als eine Million Schaulustige angelockt.

Zu den Höhepunkten dieses Wochenendes gehören neben den vielen Oldtimern aus aller Herren Länder die Fahrzeuge von Stars und Sternchen, zum Beispiel der Auburn von Sammy Davis Jr. oder der Ford Thunderbird, in dem schon Arthur Miller mit Gattin Marylin Monroe zum Sommerpicknick fuhr.

Die Hersteller vieler der gezeigten Fahrzeuge existieren heute nicht mehr – und gerade darauf komme es ihm bei einer Oldtimershow an, sagt Event-Veranstalter Frank Peppel. Die Besucher sollen am Ku’damm die Autos ihrer Kindheit wiederentdecken.

Mehr als das: Die Classic Days sind ein Freiluft-Designmuseum, das die Entwicklung des Automobils vorführt. Vor dem Mercedes-Pavillon steht neben dem klobigen, pechschwarzen Modell Mercedes 320 "Schwingachse" der Dreißiger, ein olivgrünes Coupé von 1968. Nicht weit entfernt schmiegt sich eine moderne silberne S-Klasse an den Asphalt. Mehr als 90 Prozent der Autos werden allerdings nicht von Firmen, sondern von Privatpersonen gezeigt – und die Liebe der Sammler zu ihren Oldies kennt keine Grenzen.

In der Tür eines gigantischen pinken Cadillac steht der Besitzer mit Elvis-Tolle und steckt sich lässig eine Zigarette in den Mundwinkel. Daneben flitzt Eckard Stein aus Rathenow um seinen weißen 1938er Jaguar und putzt die Felgen mit Lappen und Bürste, bis sie funkeln. Seine Kappe mit dem Jaguar-Schriftzug liegt auf dem Fahrersitz. Fährt er den schönen Schlitten auch noch privat? "Manchmal zum Kaffeetrinken", sagt Stein.

Um fünf alte VW-Käfer hat sich mittlerweile eine Traube gebildet. Das Schöne an den Classic Days seien "diese Benzingespräche" untereinander, sagt Clemens Eichberg. Seinen Eltern gehörte der Käfer im Flower-Power-Orange, jetzt ist es seiner. Würde er ihn gegen einen anderen Oldtimer hier tauschen? Natürlich nicht. "Der Käfer ist das Brot-und-Butter-Auto."

Kalle Harberg

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