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Olympiapark: Hinterm Glockenturm geht’s weiter

Alle reden vom Tempelhofer Park, doch den Olympiapark kennen fast nur Hertha-Fans. Das Ex-Hauptquartier der britischen Armee soll nun zugänglich werden für Touristen. Auch eine Schule soll dort eine Heimat finden

Morgens um neun, wenn der Verkehr durch Berlin tobt, bleiben zwei Straßen vollkommen unberührt. Keine Autos, keine Radfahrer, keine Jogger. Nur eine kleine Armada ruckelnder Walzenrasenmäher kriecht über den Asphalt. Bestes Mähgerät, lobt einer der Fahrer. „Haben die Briten hiergelassen.“

In Berlin gibt es den Tempelhofer Park, von dem alle reden. Und es gibt den Olympiapark, von dem nur Hertha-Fans wissen, dass es ihn gibt. „Ein Problem der Wahrnehmung“, sagt Parkverwalter Matthias Lück. Dabei gibt es den Olympiapark schon viel länger als den Tempelhofer und, touristisch betrachtet, hat er weit mehr Nazigruseloptik zu bieten als der ehemalige Flughafen.

Nach einigen vergeblichen Anläufen soll der Olympiapark jetzt ins Bewusstsein der Berliner und Touristen zurückgeholt werden. Ein neues Besucherkonzept sei in Arbeit, lässt Sportstaatssekretär Thomas Härtel mitteilen. Wer das Olympiastadion besucht – jährlich tun das etwa 280 000 Menschen – soll mit einem „Kombiticket“ auch Glockenturm und Olympiapark besichtigen können. Bis Mitte 2011 will der neue Chef der Olympiastadion GmbH, Joachim E. Thomas, das Konzept umsetzen. Dazu soll das Areal geöffnet werden.

Das ist auch dringend nötig. Große Teile des Olympiaparks – ehemals „Reichssportfeld“ – waren 40 Jahre lang unter britischer Hoheit, also praktisch weggeschlossen. Auf dem Maifeld feierte die Queen ihren Geburtstag, südlich davon bauten die Briten ein riesiges Tanklager. Und im „Haus des Deutschen Sports“ richteten sie hinter vergoldeten Adlern ihr repräsentatives Hauptquartier ein.

1994 zogen die Briten ab. Ihre Rasenmäher ließen sie da. Und meterhohe Zäune, die noch 16 Jahre später den direkten Zugang vom Olympischen Tor zum Olympiapark versperren. Besucher müssen den Umweg über die Rominter Allee nehmen, ein 15-minütiger strammer Fußmarsch. Auch auf dem Gelände beschränken Zäune und Schranken das freie Herumwandern. Das alte Schwimmstadion ist ebenso abgeriegelt wie das Maifeld. Wenn man Glück hat, steht gerade das Tor offen.

Nach der WM 2006 wurden Informationstafeln aufgestellt, um die alten Gebäude, Skulpturen und Wegverbindungen zu erklären. Als Gegenleistung verlangte die senatseigene Parkverwaltung ein bescheidenes Eintrittsgeld von einem Euro. Als kaum jemand kam, hat man das Eintrittnehmen wieder eingestellt.

Die Sportplätze auf dem Areal sind – auch mit der Hilfe von Hauptmieter Hertha BSC – weitgehend wiederhergestellt und modernisiert. Hier werden Fußball, Cricket, Tennis und Hockey gespielt. Eingerahmt durch Ballfangnetze und überdachte Tribünen. Dadurch sind die ehemaligen Sichtachsen einer „deutschen Landschaft“ mit antiken Einsprengseln kaum noch erkennbar. Der Senat definiert das Areal heute als „herausgehobene Sportanlage“.

Der Denkmalschutz manifestiert sich eher an den Gebäuden. Die ehemalige Villa des „Reichssportführers“ wurde von den Briten als Clubhaus genutzt. Jetzt steht der zweistöckige Bau für Hochzeiten und Partys zur Verfügung. „Die Auslastung ist nicht optimal“, sagt Lück. Auch eine Folge der fehlenden Wahrnehmung.

Die Hauptattraktion des Olympiaparks könnte der Kuppelsaal im Haus des Deutschen Sports sein. Die Kuppel besteht aus 3400 in Beton eingelassenen Prismengläsern. Drinnen existieren noch die Originaltribünen und -leuchter aus den 30er Jahren. Wegen fehlender Brandschutzvorrichtungen kann der Saal mit 1100 Sitzen nur sehr eingeschränkt genutzt werden.

Stadionchef Thomas möchte einen „Masterplan“ für das Gelände erarbeiten. „Ziel ist, den Olympiapark für die Berliner attraktiv zu machen.“ Ähnlich formulierte bereits vor neun Jahren der ehemalige Sportsenator Klaus Böger. Damals sollte auf dem brachliegenden Anger, dem ehemaligen Familienbad neben dem Schwimmstadion, ein Spaßbad entstehen, doch davon hat man sich inzwischen verabschiedet. Der Anger modert also weiter vor sich hin. Die Senatsverwaltung für Sport begnügt sich mit Pragmatismus: „Der mögliche Einzug der Poelchau-Oberschule“ runde den „Charakter des Areals ab“ und beseitige „letzte Leerstände“. Ob es Geld geben soll, für den Einzug der „Eliteschule des Sports“, die seit langem mit dem Olympiapark liebäugelt, soll sich im November entscheiden.

Vorerst bleiben die Vereine unter sich. Die Modernen Fünfkämpfer haben sich ebenso eingerichtet wie der „American Football und Cheerleading-Verband“. Zum Internationalen Stadionfest Istaf im August hatte der Olympiapark zu einem Sportfestival eingeladen. 100 000 Besucher wurden erwartet, 10 000 kamen. Für Matthias Lück dennoch ein Achtungserfolg. War an dem Tag einfach zu viel los in der Stadt, sagt Lück, da gerät der Olympiapark leicht ins Abseits.

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