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Olympiastadion: "Millionengrab" oder "Juwel"?

Mit der bevorstehenden Übernahme des Olympiastadions durch den Berliner Senat muss die Kreditaufnahme des Landes um mindestens 46 Millionen erhöht werden. Sportsenator Klaus Böger (SPD) erntet Kritik - und verbreitet Optimismus.

Berlin - Aus dem noblen Excecutive Club des Berliner Olympiastadions hatten alle Mitglieder des Sportausschusses den gleichen Blick auf die leere Riesenschüssel. Doch während die Opposition am Mittwoch das Olympiastadion als «Millionengrab» für den Berliner Haushalt wahrnahm, sah Sportsenator Klaus Böger (SPD) zur gleichen Zeit darin ein «Juwel» für Berlin. CDU, FDP und Grüne reagierten schockiert auf die Erläuterung Bögers, dass im Zug der bevorstehenden alleinigen Übernahme des Stadions durch den Senat die Kreditaufnahme des Landes um mindestens 46 Millionen Euro erhöht werden müsse. Diese Summe hatte die Landesregierung einst verbürgt für ein Darlehen des inzwischen in Insolvenz gegangenen Bauträgers Walter Bau.

«Das ist ja entsetzlich heute hier», entfuhr es dem sportpolitischen Sprecher der CDU-Fraktion, Axel Rabbach. Mit ratlosen Mienen mussten die Oppositionspolitiker zur Kenntnis nehmen, dass weder der Sportsenator noch der Geschäftsführer der Olympiastadion GmbH, Peter von Löbbecke, bereit waren, an historischer Stätte weitere konkrete Zahlen über die im Raum stehenden immensen Kosten zu nennen. Rabbach kritisierte scharf: «Das ist ja reine Lyrik hier, die gehört ins Poesiealbum.»

Nach weiterem Druck in der lebhaften Debatte deutete Böger immerhin drohende Verluste auch im Alltagsgeschäft an. «Der Abschluss für das Betriebsjahr endet nicht mit einem positiven Ergebnis, das wird ein Minus.» Schließlich rückte er noch mit der Angabe über jährliche Betriebskosten von bis zu 6 Millionen Euro heraus. Zuvor hatte für die Grünen Claudia Hämmerling kategorisch verlangt, «mehr Butter bei die Fische zu tun».

Die Misere hatte bald nach der im Spätsommer 2004 abgeschlossenen Sanierung der Sportstätte für 242 Millionen Euro begonnen. Die Walter Bau, zusammen mit Hertha BSC und dem Land in der Betreibergesellschaft, musste im Februar dieses Jahres Insolvenz anmelden. Laut Böger legte sich der Senat bereits am 22. Februar nicht-öffentlich auf eine Revision der Verträge fest. Ziel sei es gewesen, den Einfluss Berlins zu stärken. Anfang Juni habe der Senat entschieden, nach Verhandlungen mit Hertha BSC die Anteile als alleiniger Pächter zu 100 Prozent durch das Land zu übernehmen.

Diese Verhandlungen stünden kurz vor dem Abschluss, sagte Böger, der auch Aufsichtsratsvorsitzender der Betreibergesellschaft ist. Das Gesamtpaket der Stadion-Finanzierung bezeichnete Böger als «komplizierte Konstruktion». Es sei aber in jedem Fall besser, «die Sache jetzt gleich glatt zu ziehen». Wegen der einst gegebenen Bürgschaft wäre der Verlust sowieso auf den Senat zugekommen. Böger verbreitete Optimismus: «Das Stadion ist nicht ein Klotz am Bein, sondern ein Juwel.» Er fügte hinzu: «Juwelen sind in der Anschaffung und Unterhaltung teuer.»

Für die Olympiastadion GmbH kündigte von Löbbecke mögliche erhöhte Einnahmen im kommenden Jahr an. Es werde drei Konzerte geben, darunter eines mit Superstar Robbie Williams. Außerdem würden immer mehr Unternehmen die zum Teil luxuriösen Nebenräume für Betriebsfeste und Tagungen mieten. Im viergeschossigen Atrium seien sogar Festbälle geplant. Das Olympiastadion sei auch als kommender Finalschauplatz der Fußball-WM äußerst gefragt. Pro Woche seien bis zu 30 Fernsehteams da. Außerdem seien seit Abschluss der Sanierung mehr als 220 000 Besucher gekommen. (Von Hans-Rüdiger Bein, dpa)

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