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"Opera on Tap" kommt ursprünglich aus New York

© promo

"Opera on Tap": Von New York nach Neukölln - das neue Oper-Projekt

Drinks, Jeans und dazu Hochkultur: Die Musiker von „Opera on Tap“ wollen frischer sein und so ein jüngeres Publikum ansprechen. Vorbild ist New York.

Ach, der Stummfilm war nie wirklich still, ganz im Gegenteil. Seine Aufführungen wurden stets begleitet von Musikern, die das Gezeigte akustisch untermalten. Insofern ist eine Opernaufführung im ehemaligen Stummfilmkino „Delphi“ in Weißensee weniger abwegig, als sie auf den ersten Blick zu sein scheint.

Und dennoch war bei dieser Inszenierung vieles anders als bei einer gewöhnlichen Oper. Die Besucher kommen in Pullover und Jeans; fest zugewiesene Plätze gibt es nicht; die Leute bestellen Cocktails mit Tabasco und Absinth. Vom Tresen aus kann man die Aufführung verfolgen – die Bar ist während der gesamten Zeit geöffnet.

Die Idee dahinter nennt sich „Opera on Tap“, was so viel heißt wie „Oper auf dem Tablett serviert“. Das Projekt existiert seit 2005 und stammt aus New York. Seit nunmehr einem Jahr gibt es auch einen Ableger in Berlin. Das Ziel: die mitunter recht elitäre Oper einem jüngeren Publikum zugänglich zu machen. „Niemand muss einen Anzug anziehen, wir möchten die Wand zwischen Künstlern und Publikum aufheben“, sagt Brendan Sliger. „Und trotzdem bleibt es Grand Opera.“

Unkonventionelle Aufführung

Brendan Sliger ist einer der Sänger, die E.T.A. Hoffmann in Jacques Offenbachs Oper „Les Contes d’Hoffmann“ spielen. Die Oper besteht aus drei nur lose miteinander verwobenen Akten, die auf Erzählungen Hoffmanns basieren. Anders als in der literarischen Vorlage hat Offenbach jedoch Hoffmann selbst zum Helden seiner Handlungen gemacht.

Die Aufführung ist denkbar unkonventionell, laufen die Sänger doch durchs Publikum, steigen auf die Tische und machen den ganzen Raum zur Bühne. Das Publikum honoriert das: „Das Ganze ist sehr familiär. Und diese junge, frische Inszenierung würde auch manchem großen Opernhaus guttun. Es entsteht so sehr eine Nähe und Emotionalität, dass ich zwischendurch sogar weinen musste“, sagt Petra Wagner.

Die Berlinerin geht seit vielen Jahren regelmäßig in die Oper. Doch das hier ist auch für sie etwas ganz Neues. Die Art der Inszenierung ist durchaus auch auf ein jüngeres, alternativeres Publikum zugeschnitten. Die Handlung wurde gestrafft auf rund zwei Stunden; die Darstellung bot auch einiges an Komik und Provokation auf. Etwa wenn Hoffmann dem Charme der Olympia erliegt, die sich als nymphomanisch veranlagte Puppe herausstellt. Die Darbietung steigert sich von burlesk-erotisch zu provokant-anzüglich, bis sie schließlich ins Grotesk-Lächerliche kippt. Bleibt die Frage, was wohl Hoffmann selbst zu der Inszenierung gesagt hätte. Der Wahlberliner hatte immer Spaß an der Provokation, war aber gleichzeitig unerbittlicher Kritiker des Berliner Kulturbetriebs, der ihm zu anspruchslos erschien.

Die Aufführung im Delphi war ein besonderes Stück zum ersten Geburtstag des deutschen „Opera on Tap“-Ablegers. Das Konzept bahnt sich dagegen regelmäßig seinen Weg in die Bars und Clubs der Stadt. Der nächste Auftritt der Musiker ist am Dienstag, 8. März, im Neuköllner „Prachtwerk“. Der Abend steht unter dem Titel „Mezzo Madness“. Und selbstverständlich muss auch dann niemand einen Anzug anziehen, ist aber eingeladen, nach der Aufführung mit den Musikern ins Gespräch zu kommen.

Prachtwerk Neukölln, Ganghoferstraße 2, Einlass ist um 19.30 Uhr, eine halbe Stunde später geht es los. Der Eintritt ist frei. Details im Internet unter www.operaontap.org/berlin

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