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Berlin: Operation am Schöneberger Herzen

Kaiser-Wilhelm-Platz wird umgestaltet: Fußgängerzone statt Fahrbahn

Von einer „vernachlässigten Insel“ spricht Stadtentwicklungsstadträtin Elisabeth Ziemer (Grüne), wenn sie den Mittelpunkt des Schöneberger Kaiser-Wilhelm-Platzes vor Augen hat. Die verkehrsumtoste Insel, die mal zum Ausruhen für Passanten gedacht war, empfinden viele seit 20 Jahren als Ärgernis. Nun soll der Platz mit der großen Platane bis zum Jahresende für eine Million Euro umgestaltet, die Insel verkehrsberuhigtes „Festland“ werden.

Erste Bauvorbereitungen haben bereits begonnen. Nach Entwürfen der „Gruppe Planwerk“ soll ein Platz entstehen, auf dem sich die Anwohner auch wohl fühlen können. Dafür muss ein Stück der Verkehrsadern, der Abzweig von der Haupt- zur Kolonnenstraße, gekappt werden. Er wird mit der einstigen Insel zur neu gepflasterten Fußgängerzone mit Bäumen, Bänken und einem Brunnen. Die kleinen Fontänen bilden eine optische Trennung zur Hauptstraße, von einer „Wasserwand“ ist im Bezirk die Rede, wie sie beispielsweise vorm Kanzleramt oder dem Paul-Löbe-Haus zu sehen ist. Architekt Heinz Tibbe von der Gruppe Planwerk spricht lieber von einem „Lichtbrunnen“.

Die Platane bleibt als charakteristisches Merkmal des Kaiser-Wilhelm-Platzes erhalten, ebenso die Hinweistafel, die an die Vernichtungslager der Nationalsozialisten erinnert.

Fahrzeuge – auch der BVG-Verkehr – werden künftig aus südwestlicher Richtung noch ein Stück Hauptstraße weiterfahren müssen, um dann in die Kolonnenstraße einzubiegen. Aus der Gegenrichtung ändert sich für den Verkehr nichts. Den Anwohnern aber wird sich durch die Stilllegung des Hauptstraßenabzweigs in die Kolonnenstraße ein merklich größerer Platz bieten. Auch die Geschäfte erhoffen sich durch mehr „Aufenthaltsqualität“ einen größeren Umsatz.

Ursprünglich hatte Architekt Heinz Tibbe von der Gruppe Planwerk auch an Gastronomie auf dem Platz gedacht. Dafür sollte ein ehemaliges Pissoir aus der Bülowstraße zum Kiosk umgebaut werden. Das fand keinen Gefallen im Bezirk. Nun sollen wenigstens schon einmal die Anschlüsse installiert werden, um künftig vielleicht einen Pavillon aufzubauen, mit Tischen und Stühlen davor, vielleicht auch mit Sonnenschirmen. Auf Simulationszeichnungen sieht es am Platz geradezu südlich und einladend aus.

Aber noch ist es ein „verkehrsreicher Unort“, wie Planer Tibbe formuliert. Der Platz an der Schnittstelle von Haupt-, Kolonnen- und Crellestraße (bis in die Nachkriegsjahre hieß sie noch Bahnstraße) hatte seinen Namen 1892 erhalten. Hier befand sich einst die Grenze zwischen dem alten Schöneberg mit seinem Dorfanger und dem neueren Teil.

Eine Gedenktafel erinnert daran, dass hier im März 1920 rechtsradikale Soldaten putschten und auf Bürger schossen, die sich zu einem Generalstreik versammelt hatten. Dort, wo in den fünfziger Jahren ein Neubau entstand und heute im Erdgeschoss eine Bankfiliale ist, stand bis zum letzten Krieg das verklinkerte Alte Rathaus, einst für die „Stadt Schöneberg“ gebaut. Es wurde durch Bomben zerstört. Der Platz gilt bis heute als das Herz von Schöneberg. C. v. L.

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