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Berlin: Operationsfehler: Staatsanwalt ermittelt in Bundeswehr-Klinik Verdacht der fahrlässigen Tötung. Arzt vorläufig suspendiert

Kollege beschwerte sich über „fachliche Fehlleistungen“

Die Berliner Staatsanwaltschaft ermittelt gegen einen leitenden Klinikarzt im Bundeswehrkrankenhaus in Mitte wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung. Der Mediziner soll nach Tagesspiegel-Informationen mehrere Patienten fehlerhaft operiert haben, so dass schwere körperliche Schäden nur durch Nachbehandlungen vermieden werden konnten. Die Leiche eines kürzlich verstorbenen Patienten des Arztes wurde bereits obduziert. Der Verdacht gegen den Mediziner sei so konkret, dass die Vorwürfe geprüft werden müssten, sagte der Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft, Michael Grunwald, dem Tagesspiegel. Derzeit befrage die Polizei Zeugen zu den Fällen. Unter Umständen müssten auch noch medizinische Gutachten eingeholt werden.

Der Arzt darf derzeit nicht mehr operieren. Seine Dienstfunktion ruhe, bis die Vorwürfe geklärt seien, sagt Lutz Bandekow, Kommandeur des für das Berliner Bundeswehrkrankenhaus zuständigen Sanitätskommandos mit Sitz in Weißenfels. Bandekow bestätigt, dass tatsächlich einer der Patienten des Arztes vor kurzem verstorben sei. „Die genaue Todesursache steht noch nicht fest.“

Bereits im Dezember beschwerte sich ein Kollege des Mediziners schriftlich beim Chefarzt des Bundeswehrkrankenhauses, Klaus Mager, über die „fachlichen Fehlleistungen“ des Arztes, gegen den nun ermittelt wird. In dem Brief, der dem Tagesspiegel vorliegt, werden auch drei Beispiele genannt für angebliche Fehler des Arztes, die zu schweren Komplikationen für die betroffenen Patienten führten. „Ich wurde mehrmals direkter oder indirekter Zeuge unkontrollierter Operationsweisen (des Doktors), die zumeist durch beherztes Eingreifen assistierender Ärzte (…) bzw. durch vermeidbare Notoperationen beherrscht wurden.“ Es habe unter den Ärzten der Station eine interne Regelung bestanden, den Mediziner nicht mehr zu größeren Eingriffen einzuteilen oder aber, wenn dieser darauf bestand, einen erfahrenen Kollegen an seine Seite zu stellen. „In den letzten Monaten drängt er jedoch vermehrt zu größeren Operationen und setzt sich in Verkennung seiner operativen Fähigkeiten als Operateur ein.“

In einem Falle sollte auf Anweisung des Mediziners im November 2003 ein an diesem Tage 90 Jahre alt werdender Patient entlassen werden, der laut den Laborwerten nicht gesund habe sein können. Daraufhin schickte ein Kollege den Mann zur Notfallaufnahme des nahe gelegenen St. Hedwig Krankenhauses in Mitte. Zwei Tage später hätten ihm die Kollegen des Krankenhauses mitgeteilt, dass der Patient „mit hoher Sicherheit am akuten Nierenversagen entweder verstorben oder zumindest als Notfall eingewiesen worden wäre“, schreibt der Mediziner in seinem Beschwerdebrief an seinen Chef. In dem Schreiben heißt es weiter: „Die o. g. Beispiele sind nur der Gipfel des Eisberges (der) Fehlindikationen, Fehleinschätzungen und OP-Fehler“ des Arztes.

Der zuständige Kommandeur des Sanitätskommandos wollte mit Hinweis auf die laufenden Ermittlungen keine Stellungnahme zu den Details der Vorwürfe abgeben. Das Bundeswehrkrankenhaus ist mit 370 Betten eine mittelgroße Klinik. Es steht auch für zivile Patienten offen. Es ist mit einem Notarztwagen auch in den Rettungsdienst der Berliner Feuerwehr eingebunden.

Erst vor wenigen Monaten ermittelte die Staatsanwaltschaft gegen einen anderen Krankenhausarzt. Der Chefarzt der Orthopädie des Zehlendorfer Behring-Krankenhauses soll danach häufig zu spät im Operationssaal erschienen sein, wodurch die Patienten unnötig lange in Narkose gehalten werden mussten. Die Klinik hat dem Arzt fristlos gekündigt. Die Ermittlungen laufen noch.

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