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Berlin: Opposition hat kein Vertrauen in ICC-Gutachten

Politiker fordern Einblick in bisher geheime Studie und wundern sich, wieso ein Neubau billiger sein soll als die Sanierung

Angesichts der für Dienstag geplanten Vorentscheidung des Senats über die Zukunft des Internationalen Congress Centrums (ICC) fordern Abgeordnete der Opposition eine Veröffentlichung des Gutachtens über das Gebäude. „Durch die Geheimhaltungspolitik gibt es keine Diskussionsgrundlage“, kritisierte die Wirtschaftsexpertin der Grünen-Fraktion, Elisabeth Paus. Ähnlich äußerten sich die wirtschaftspolitischen Sprecher der FDP und der CDU im Abgeordnetenhaus, Volker Thiel und Michael Dietmann: Die Studie müsse „schnell auf den Tisch“.

Das Ergebnis einer gestrigen Aufsichtsratssitzung der Messe Berlin, bei der es um die Wahl zwischen einer Sanierung und dem Abriss des 26 Jahre alten Kongresszentrums ging, blieb vorerst unbekannt. Weder ein Messesprecher noch die Wirtschaftverwaltung wollten sich dazu äußern. Möglicherweise wird es nicht einmal nach den Senatsberatungen am Dienstag Klarheit geben – denn der Tagesordnungspunkt ist für den vertraulichen Teil der Sitzung vorgesehen.

Noch bezieht keine der Abgeordnetenhaus-Fraktionen eindeutig Stellung zum Thema Abriss oder Sanierung. „Wir haben das Gutachten ja noch nicht in der Hand“, sagte SPD-Fraktionssprecher Peter Stadtmüller. Der Vorsitzende des SPD-Arbeitskreises Wirtschaft, Frank Jahnke, sprach sich zwar für eine Sanierung des ICC aus. Das Gebäude habe einen hohen symbolischen Wert und sei weit über Berlin hinaus bekannt. SPD-Fraktionssprecher Stadtmüller wies allerdings darauf hin, dass es sich um die „private Meinung“ Jahnkes handele. „Die Fraktion und die Fraktionsführung haben sich mitnichten festgelegt.“

Auch die Industrie- und Handelskammer (IHK) Berlin bevorzugt laut Sprecher Holger Lunau bisher keine der beiden Varianten. Wichtig sei allein, dass „keine Kapazitäten für Tagungen und Kongresse verloren gehen – auch nicht während eines Neubaus“.

Sollte es zum Bau eines neuen Kongresszentrums kommen, gilt deshalb ein Standort auf dem Gelände der Deutschlandhalle als die wahrscheinlichste Lösung. Der Betrieb im ICC könnte dann bis zum Abschluss der Bauarbeiten fortgesetzt werden. Die Deutschlandhalle müsste dann abgerissen werden. „Nach allem, was ich höre, würde es darauf hinauslaufen“, sagte CDU-Wirtschaftsexperte Dietmann.

Rätselhaft ist Politikern aller Fraktionen noch, warum das mit dem Gutachten beauftragte Architektenbüro Gerkan, Marh und Partner (gmp) einen Abriss und Neubau des ICC für billiger hält als eine Sanierung. Wie berichtet, rechnen die Gutachter mit mehr als 200 Millionen Euro Kosten für Sanierungs- und Umbaumaßnahmen in den kommenden fünf Jahren. Der Abriss wird mit 30 Millionen veranschlagt und der Neubau mit gut 60 Millionen Euro.

Der Bau des ICC hatte in den 70er Jahren rund 926 Millionen D-Mark gekostet. Angesichts dessen „halte ich heutige Neubaukosten von 60 Millionen für ausgeschlossen“, so der CDU–Experte Dietmann. „Nicht nachvollziehbar“ findet die geringe Summe auch Volker Thiel von der FDP. Er schlägt vor, im Falle eines Neubaus einen privaten Mitinvestor zu beteiligen. Die Grünen-Abgeordnete Paus sagte zu den Kostenschätzungen: „Ich traue den Zahlen nicht.“ Es komme ohnehin häufig vor, dass Baukosten deutlich höher ausfallen als erwartet. Dies sei bekanntlich auch beim Bau des ICC in den 70er Jahren der Fall gewesen.

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