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Organspende: Eine Spende für drei Leben

Als Sandy Sollau ihren Sohn verlor, traf sie eine schwere Entscheidung: Sie gab seine Organe frei

Irgendwie ist Peter immer noch da. „Auf andere Weise“, sagt seine Mutter, Sandy Sollau. Dabei ist Peter vor 13 Jahren gestorben – als er noch keine zwei Jahre alt war. Einerseits gehört er noch immer zum Alltag der Familie Sollau – auf Fotos in ihrer Wohnung in Frankfurt (Oder) und in ihren Gedanken. Andererseits lebt tatsächlich etwas von ihm weiter: Seine Nieren hat damals ein 16-jähriger Berliner bekommen, sein Herz ein vierjähriger Mailänder und seine Lunge eine zweijährige Österreicherin.

48 Stunden hatten Peters Eltern damals, vor 13 Jahren, Zeit. Dann wurde der kleine Junge für hirntot erklärt– nach einem Sturz aus einem Fenster im 8. Stock. 48 Stunden, um sich mit dem Gedanken an den Tod vertraut zu machen. Und mit dem Gedanken an eine Organspende. 22 Jahre war Sandy Sollau damals erst. „Ich hatte noch nie vorher über so etwas nachgedacht.“ Doch in dem Moment habe die Idee nahegelegen: „Es lag ja nicht mehr in unserer Hand unseren Sohn zu retten. Aber wir konnten anderen Eltern das Leid ersparen, und wir konnten Peters Tod die Sinnlosigkeit nehmen.“

Sandy Sollau erzählt ihre Geschichte mit einem ganz normalen Gesichtsausdruck, einem, wie ihn die meisten Menschen bei ernsten Themen haben. Es mache ihr heute nichts mehr aus, darüber zu sprechen, sagt sie. Sie hat es auch schon so oft getan: Sie besucht regelmäßig Brandenburger Zehntklässler, um ihnen etwas über Trauer und Organspende zu vermitteln. Und sie spricht bei Veranstaltungen der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO). „So mache ich aus der Trauer, die mich immer begleitet, etwas Sinnvolles“, sagt die gelernte Sekretärin, die auch als Abschiedsbegleiterin und Trauerrednerin arbeitet.

Am Sonntag wird Sandy Sollau an einer Podiumsdiskussion am Brandenburger Tor teilnehmen – beim Welttag der Organspende, der zum ersten Mal in Deutschland stattfindet, nämlich in Berlin mit einer Informationsmeile auf der Straße des 17. Juni und einem Konzert. Nur 15 Spender kommen zurzeit auf eine Million Deutsche, heißt es bei der DSO, die das Fest mitveranstaltet. Täglich sterben drei Menschen in Deutschland, weil sich kein neues Organ für sie findet. Das wollen die Veranstalter ändern.

Es gebe nur sehr wenige Angehörige, die öffentlich über ihre Einwilligung zu einer Organspende sprechen wollten, sagt Claus Wesslau von der DSO. „Das ist ein ganz sensibles Thema“, sagt auch Günter Kirste, ebenfalls von der DSO. Es sei sogar fast zu sensibel für die Festveranstaltung. Dabei sind es oft gerade die Angehörigen, die entscheiden müssen. Peters Arzt im Krankenhaus sei damals richtig erschrocken gewesen, als sie ihn nach der Möglichkeit einer Organspende gefragt habe, sagt Sandy Sollau. Bei so kleinen Kindern spreche er die Eltern nie darauf an, habe er entgegnet. Das falle ihm zu schwer. Ohne Sandy Sollau, würden drei andere Kinder jetzt also vielleicht auch nicht mehr leben.

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