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Berlin: Original-Segmente vom Potsdamer Platz lagern in einer Brandenburger Scheune - Senat hat kein Interesse

Walter Momper und Erhard Krack traten frierend von einem Bein aufs andere, als ein Kran das erste Segment aus der so stabil erscheinenden Mauer hob. Stundenlang hatten Schneidbrenner vorher am Potsdamer Platz den Stahlbeton zertrennt.

Walter Momper und Erhard Krack traten frierend von einem Bein aufs andere, als ein Kran das erste Segment aus der so stabil erscheinenden Mauer hob. Stundenlang hatten Schneidbrenner vorher am Potsdamer Platz den Stahlbeton zertrennt. Um 8 Uhr früh schüttelten die Bürgermeister der beiden Stadthälften sich die Hände durch die erste Lücke und bekundeten "Das ist ein feierlicher Moment." Grenzübergänge waren in diesen wirren Tagen schon einige geöffnet worden, doch hier wurde zum ersten Mal eine Bresche in die Mauer geschlagen. Es war der Morgen des 12. November.

Die Mauerstücke, die danach von Baupionieren der DDR-Grenztruppen vorsichtig angehoben und auf Lastwagen verladen wurden - sie stehen nicht im Museum. Obwohl das Ensemble vollständig erhalten ist, steht es nicht in einem renommierten Museum oder als Denkmal am alten Ort - sondern in einer Brandenburger Scheune. Unfreiwillig zwar, sagt der Eigentümer, aber eben doch nur in einer Scheune. Einen Käufer hat Hans Martin Fleischer nicht gefunden, denn auf dem Beton leuchtet unübersehbar schwarz-rot ein Hakenkreuz. Das Graffito gehört zwar historisch besehen zu diesem Segment, schreckte aber bislang alle Interessenten ab. Ursprünglich war neben dem Hakenkreuz auch ein Hammer-und-Sichel-Symbol zu sehen, alles zusammen sollte an den Hitler-Stalin-Pakt erinnern - das Ereignis also, das dem Mauerbau später den Weg bereitete.

Hammer und Sichel sind übrigens vom Schneidbrenner zertrennt worden, denn dieses Stück der Mauermalerei befand sich auf dem Segment, das als erstes herausgehoben wurde, dabei in zwei Teile zerbrach und deshalb auf der Müllkippe landete.

Schon vor einigen Jahren hatte Fleischer versucht, den Beton zu versilbern, jedoch vergeblich. Entweder das Nazisymbol störte oder die geforderte Summe. Also mottete er die Mauerstücke in einer Scheune bei Fürstenberg an der Havel ein.

Der Eigentümer beklagt das Desinteresse des Landes: "Seit April bin ich am Klinken putzen." Auch debis als Hauptinvestor am Potsdamer Platz habe nicht angebissen. Derzeit versucht Fleischer nicht, die Stücke zu verkaufen, er kann sich jedoch sehr gut die vier Stücke neben dem künftigen Regionalbahnhof Potsdamer Platz als Mittelpunkt eines kommerziell orientiertes Dokumentarzentrum vorstellen.

Kommerziell war auch das ursprüngliche Interesse Fleischers. Anfang 1990 hatte er sich die tonnenschweren Teile bei der DDR-Firma Limex gesichert, die die komplette Mauer im Auftrag der DDR-Regierung zu Westgeld machen sollte. Nun träumt er von einer "kleinen Fernseh-Live-Schaltung" vom Brandenburger Tor in die Brandenburger Scheune.Informationen unter www.berlinwall.de .

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