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Berlin: Ort der verpassten Chancen

Keiner weiß, was aus dem Checkpoint Charlie wird. Schon in der Vergangenheit scheiterten dort manche Projekte

Ein Wachturm, ein Kontrollhäuschen, Mauerteile – zu Beginn der 90er Jahre stand das alles am Checkpoint Charlie. Ein Kreuz auf dem Grundstück Zimmer-/Ecke Friedrichstraße erinnerte an ein Opfer des DDR-Grenzregimes. Jetzt erinnert Alexandra Hildebrandt, Chefin des Checkpoint-Charlie-Museums, mit der neu aufgebauten Mauer und den Kreuzen für die Opfer des Grenzregimes an ein Projekt ihres Mannes, der eine Mauergedenkstätte mit den Resten der DDR-Grenzanlage errichten wollte.

Dass es dazu nicht kam, hängt mit dem Immobilienboom der frühen 90er Jahre zusammen. Vor 14 Jahren wollte die Central European Development Corporation (CEDC) in der Mitte Berlins ein „American Business Center“ mit Gewerbeflächen bauen. Damals glaubten alle, die Stadt könne nicht genug Geschäfts- und Büroetagen anbieten. Die CEDC war dennoch bereit, eine Fläche im Geschäftshaus für das Mauergedenken bereitzuhalten. Wie der Gedenkort aussehen sollte, blieb offen; Rainer Hildebrandt ließ Konzepte erarbeiten. Auf den Nachbargrundstücken entstanden Geschäftshäuser, während an der Friedrichstraße ein Wachturm vor sich hinrottete. Aus dem Immobilienboom wurde ein Überangebot – die beiden Grundstücke direkt an der Kreuzung standen weiter leer. Die CEDC wurde zur Checkpoint Charlie KG. Ende 2000 – damals war Kultursenator Thomas Flierl (PDS) Baustadtrat von Mitte – fiel der Grenzturm auf Betreiben der Checkpoint Charlie KG. Viele ärgerten sich darüber, denn der Turm gehörte zu den Resten der DDR-Grenzbefestigung, wenn auch der Abriss denkmalschutzrechtlich zulässig war. Das, was Besucher dort an Resten der Todesgrenze sehen konnten, verschwand. Die Checkpoint Charlie KG meldete 2003 Insolvenz an.

Gedenkstätten gab es nur anderswo, an der Bernauer Straße zum Beispiel. Am Checkpoint verkauften Händler Russenmützen und Gasmasken. Verkaufsbuden mit einer Drehorgelgasse provozierten neuen Streit über das, was an und mit dem Ort geschehen soll: Kommerz? Rummel? Rekonstruktion der tödlichen Grenze? Erinnerung an einige oder alle Opfer des Grenzregimes? Keiner weiß, was jetzt dort werden soll. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit hält nichts davon, dass das Land das Grundstück vom Insolvenzverwalter, der Bankaktiengesellschaft, zurückkauft. Der Bürgermeister von Mitte, Joachim Zeller (CDU), fordert Kultursenator Flierl auf, „endlich in die Spur zu kommen“ und ein Konzept vorzustellen, das die Geschichte der Teilung in Berlin erkennbar macht. Flierl will ein „Kolloquium“ mit Fachleuten des Gedenkens – aber ohne Alexandra Hildebrandt. Diese sagt, sie wolle das Grundstück, auf dem sich die umstrittene Gedenstätte befindet, langfristig pachten oder kaufen, wenn sie das Geld auftreiben kann: um als „bürgerliche Initiative“ eine Gedenkstätte für die Mauertoten einzurichten.

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