zum Hauptinhalt
Dom

© dpa

Ostertage: Ein Hoch auf Berlin

Und plötzlich ist es Sommer. Das freut die etwa zwei Millionen Gäste der Stadt, die zwischen Gründonnerstag und Ostermontag in Berlin Urlaub machen - und alle Daheimgebliebenen.

Axel Ott, der Leiter des Strandbads, hatte zuvor mit bibberkalten 10 Grad gerechnet. Am Freitagmorgen, zum „Anbaden“, schien der Wannsee aber gnädig und erwärmte sich auf 14 Grad. Klaus Hanke und Angelika Fischer waren unter den fünf Ersten, die Punkt 10 Uhr bis zum Hals ins Wasser rannten und für den Mut mit einer Saunakarte belohnt wurden.

Aber Sauna ist in diesen Tagen nicht unbedingt der Hit. Auf seinem Aufsichtssteg, der fast 100 Meter in den glänzenden See reicht, konnte sich Ott auch als Schwimmmeister im Einsatz einen besseren Saisonstart nicht vorstellen. Im letzten Jahr gab’ s zum Badestart grässlichen Eisregen. Jetzt aber ging es auf 18 Grad zu, und um 11 Uhr war schon die Hälfte der 180 aufgestellten Strandkörbe besetzt. Fast 1000 Besucher tagsüber solten noch kommen. „Was muss man da noch verreisen?“, schwärmte Klaus Hanke.

Urlaub in Berlin machen zwischen Gründonnerstag und Ostermontag geschätzte zwei Millionen Besucher, die von weither oder aus dem Umland kommen – so viel Einwohner hatte einst Westberlin. Während auf der Avus die Einheimischen schon am frühen Freitagmittag Richtung Zehlendorf und Wannsee im Stau standen, war der Verkehr Richtung Funkturm fast auch schon in Stau-Gefahr. Hier waren die auswärtigen Kennzeichen unter sich. Es schien, als ob die Bevölkerung der Stadt ausgetauscht wird. Die Touristen fuhren durch Verkehrsadern, die von Einheimischen wie leergefegt waren, beispielsweise die Kantstraße. Sie strebten den Inseln der Sehenswürdigkeiten zu.

Am Breitscheidplatz ließ sich der Heidelberger Uni-Mitarbeiter Christian Grünnagel die Gedächtniskirche zeigen, die auch von vielen Touristen gerade am Karfreitag als Oase der Stille geschätzt wurde. Vor der Kirche picknickte eine Familie aus Ahrensfelde, „vom Land“, und sog die Eindrücke Berlins begeistert in sich auf. Die Neu-Berlinerin Doris Wieser nahm sich vor, die Attraktionen der Stadt zu Fuß abzuklappern, sie wollte von hier bis zum Gendarmenmarkt und zur Museumsinsel laufen. Eine Gruppe kalifornischer Studenten fragte Umstehende, wo es in Berlin die besten Schnitzel gäbe, stieß aber nur auf ratlose Gesichter von Touristen. Es wurde getanzt, musiziert, und hätte der Wasserklops gesprudelt, wäre es noch heiterer gewesen. Ein Engländer fotografierte mal was ganz anderes: Das Bauschild des Zoofenster-Projektes. „Hotel Waldorf-Astoria Berlin“ steht da, das wirkt beeindruckend.

Vorm Zoo gab es Warteschlangen, schon mittags hatte sich herumgesprochen, dass eine Frau zu den Eisbären gesprungen war. Das erhöhte die Spannung. Der 100er Bus Richtung Mitte war voll, die Linie führte an Berlins größter Grillstation, dem Tiergarten vorbei. Unter den Linden drängelten sich mehr Menschen auf der Mittelpromenade als auf den Bürgersteigen. Die dichtbesetzteste städtische Grünfläche war der Lustgarten, hier sprudelte die Fontäne. Der Alexanderplatz mit dem neuen Geschäftshaus wurde auch von vielen Berlinern zum ersten Mal besichtigt, das Nikolaiviertel punktete wieder mehr bei Touristen. Die dichtbevölkertste Straße war die Ebertstraße zwischen Brandenburger Tor und Potsdamer Platz. Der Hügel des Tilla-Durieux-Parks war voll von Sonnenhungrigen. Erfahrungsgemäß bleibt ein Müllberg zurück.

Fast verstopft war auch die Kreuzberger Bergmannstraße, schon weil Touristen ihren Flair spüren wollen. Draußen, vor der Stadt, hatten Ausflugsdampfer gut zu tun. Die BVG-Fähre zwischen Wannsee und Kladow war proppenvoll. Gäste schauten sehnsüchtig aufs sommerliche Strandbad Wannsee. Im wirklichen Sommer ist sein Wasser 26 Grad warm. Bis Ostermontag kann Hoch „Peggy“ mit Temperaturen bis 22 Grad noch kräftig einheizen.Christian van Lessen

Christian van Lessen

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false