Berlin: Outing verdrängt Grill-Debatte Wie die türkischen Zeitungen über Westerwelles Lebensgefährten berichten

Die Forderung klang unmissverständlich: „Rührt unseren Grill nicht an!“ stand vergangenen Donnerstag auf der ersten Seite der Europa-Beilage der Tageszeitung Hürriyet. Kaum schaffen es die ersten Sonnenstrahlen durch die dicke Wolkenschicht, wird das Thema „Grillen im Tiergarten“ in deutschen und türkischen Zeitungen gleichermaßen neu aufgelegt. Die B.Z. machte in diesem Jahr den Anfang. Sie titelte an einem Sonntag: „Hurra, endlich Sommer! Erster Politiker fordert: Grillsteuer im Tiergarten.“ Im Innenteil zeigte die Zeitungen mehrere Aufnahmen, auf denen der von den Grillfreunden verqualmte und verdreckte Tiergarten zu sehen war. Daraufhin berichtete die Hürriyet am vergangenen Donnerstag über die Forderung und die „zahlreichen“ deshalb aufgebrachten Türken – allerdings ohne die B.Z. oder den Politiker (Uwe Goetze, Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU) beim Namen zu nennen.

Hohe Auflagen verspricht auch die Geschichte, die am vergangenen Freitag auf der ersten Seite der Europa-Beilage der Hürriyet gedruckt wurde. „Hakan: Auch Türken sollten sich outen“, schrieb das Blatt und zeigte ein Porträtfoto von Hakan Tas vom Zentrum für Migranten, Lesben und Schwule (MILES). Hakan Tas beglückwünschte in dem Artikel Guido Westerwelle zu seiner „Zivilcourage“, denn die Hürriyet hatte einen Tag zuvor über den FDP-Chef und den ersten offiziellen Auftritt mit seinem Lebenspartner berichtet. Der Aktivist wünscht sich, dass jetzt seine Landsleute Westerwelle zum Vorbild nehmen. „Nun sind die türkischen Politiker dran“, fordert Hakan Tas. Er wisse beispielsweise von einem ehemaligen Minister, dass dieser schwul sei. „Wenn der den Mut hätte, sich zu seiner Homosexualität zu bekennen, wäre das ein Signal für unzählige diskriminierte Schwule.“

Suzan Gülfirat