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Guter Brauch. In einer Prozession zogen Jugendliche vieler Nationalitäten vor dem Palmsonntag zum Südstern – und erregten damit Aufmerksamkeit.

© Alice Epp

Palmsonntag-Feiern: Kein Jubel für die Prozession

Für Berlins Katholiken begannen am Wochenende die vorösterlichen Feiern.800 junge Katholiken, darunter auch Jugendliche aus spanischen oder ghanaischen Pfarreien, begannen ihre Feiern bereits mit einem bunten Vorglühen am Sonnabend.

Am Sonntag vor Ostern feiern Christen Palmsonntag. Sie erinnern an die biblische Geschichte von Jesu Einzug in Jerusalem fünf Tage vor seiner Kreuzigung. Damals wurde er noch bejubelt und mit Palmzweigen als Zeichen des Sieges begrüßt.

800 junge Berliner Katholiken haben schon am Sonnabend in St. Matthias am Winterfeldtplatz in Schöneberg mit dem Feiern begonnen. Auch viele Jugendliche aus spanischen, kroatischen, ghanaischen und koreanischen Pfarreien sind dabei. Es ist ein buntes Vorglühen für Palmsonntag – und für den Weltjugendtag mit Papst Franziskus 2016 in Krakau.

Die 17-jährige Sara Bolze hat das Treffen am Sonnabend mitorganisiert. Der Glaube bedeutet ihr viel. Er gebe ihr Halt und Sicherheit, sagt sie. Doch manchmal fühle sie sich ziemlich allein als Katholikin. In ihrer Klasse sei sie die Einzige, die jeden Sonntag in die Kirche geht. Sich mit so vielen gleich Gesinnten zu treffen, sei deshalb eine super Sache. „Ich erlebe Gemeinschaft und weiß: ich bin nicht allein.“

"Ach so, Ostern", sagt ein Mann, "ich dachte Pegida"

Um 18 Uhr segnet Nikola Eterovic, der Botschafter des Papstes, 70 Palmzweige mit Weihwasser. Mit den Zweigen marschieren die Jugendlichen aus der Kirche hinaus Richtung Pallasstraße. Einer hat sich eine Lautsprecheranlage umgeschnallt. Kaplan Johannes Schaan erzählt über Mikro von Jesu Verhaftung und Kreuzigung. Es geht viel um Schuld und Vergebung. Zwischendurch zupft er beim Gehen die Saiten seiner Gitarre. „In manus tuas pater“, singen die Jugendlichen auf Latein, Deutsch, Spanisch. „Herr, auf dich vertraue ich.“ Auch Nonnen, Mönche und Priester im weißen Messgewand laufen mit. Unter den Yorck-Brücken ist es schon recht dunkel, die Kerzen der Jugendlichen leuchten. Die Berliner schauen verwundert. Benjamin Makamull geht auf viele zu und ruft ihnen „Frohe Ostern“ entgegen. „Ach so“, sagt ein Mann, „ich dachte Pegida“.

„Hauptsache denken und nicht nur Materialismus und Konsum“

Benjamin Makamull, 26, ist Schauspielschüler und gläubiger Katholik. Er möchte die Menschen „zum Nachdenken anregen“, sagt er. Über den Sinn des Lebens, vielleicht auch mal über Gott. „Hauptsache denken und nicht nur Materialismus und Konsum.“ Eine Gruppe muslimischer Jugendlicher reagiert unwirsch, als er ihnen den Ostergruß zuruft. „Allahu akbar“, brüllen sie zurück und dass er sich verziehen soll.

Nach einer Stunde kommt die Prozession vom Winterfeldtplatz dann an der Johannes-Basilika um die Ecke vom Südstern an. Hier ist die polnische Gemeinde zu Hause. Es duftet nach Suppe. Viele Jugendliche nehmen sich einen Teller und ruhen sich auf den Bänken im Kirchhof aus. Danach meditieren und singen sie bei Kerzenschein in der Kirche bis in die Nacht hinein. Die 70 Palmwedel nehmen sie in ihre Gemeinden mit und feiern am Sonntag weiter.

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