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Pankow: Neuer Klub der Republik: Tanzen im Trafohäuschen

Der Klub der Republik macht in Pankow wieder auf Willner-Brauerei soll Kreativzentrum werden.

Unkraut und Gestrüpp umringen den Betonklotz mit dem alten Rauputz. Licht dringt nur herein, wenn die schweren Stahltüren offen sind. Dann sieht man die kahlen Wände, den fehlenden Boden, den alten russischen Trafo, der längst keinen Strom mehr erzeugt. Dominik Zuschlag, 40, deutet in die Leere. Da kommt der Tresen hin, sagt er, dort wird ein Boden auf Podeste gelegt. „Wir brauchen noch ein bisschen Phantasie.“ In dem einstigen Trafohäuschen im Süden des Geländes der Willner-Brauerei in Pankow will Zuschlag mit seinen zwei Partnern im Frühjahr den neuen Klub der Republik (KdR) eröffnen. Die gesamte Brauerei wird temporär zum Kreativzentrum mit Ateliers, Büros und Restaurant.

Im Ortsteil Pankow, kurz hinter der Bezirksgrenze zu Prenzlauer Berg, wo die U2 wieder aus dem Untergrund emporfährt, will der Club seine neue Heimat finden. Im vergangenen Januar mussten Zuschlag und seine Mitstreiter den Klub der Republik in der Pappelallee 81 in Prenzlauer Berg schließen. Das zweistöckige Gebäude musste einem Neubau mit Eigentumswohnungen weichen. Die Hausnummer zumindest bleibt: das Brauereigelände liegt an der Berliner Straße 80-82.

Mit etwa 60 Quadratmetern wird der Nachfolger etwas kleiner sein. Dafür wird die Einrichtung sehr ähnlich. Die alten Sofas und Stühle im DDR-Schick und selbst den Tresen aus der Pappelallee werden in Pankow wieder aufgebaut, sagt Zuschlag. Es wird ein Winter voller Arbeit für die Clubbetreiber. Wände rausreißen, die Kassetten der Stahltüren durch Glas ersetzen, den alten Trafo entsorgen. Hinter das Gebäude kommt ein Toilettencontainer, Wasser und Strom müssen gelegt werden. Was das Projekt kosten wird, sei noch unklar. „Wir planen noch“, sagt Zuschlag. Wenn alles klappt, kann er im Februar eröffnen – knapp ein Jahr nach dem Ende des alten KdR in der Pappelallee zwei U-Bahnstationen weiter südlich. Zuschlag verspricht auch gleich eine bessere Musikanlage. „Das gibt besseren Sound als im alten KdR, der ja für schlechten Sound berühmt war“, sagt er und lacht. Ärger mit Nachbarn, den viele Berliner Clubs haben, sehen die Macher nicht. An eine Seite grenzt zwar ein Wohnhaus, andere Gebäude liegen aber mindestens 100 Meter vom Trafohäuschen entfernt. Selbst Stadtrat Jens-Holger Kirchner (Grüne) hat keine Bedenken wegen des zu erwartenden Lärms.

Die Willner Brauerei in Pankow gammelt seit Jahren vor sich hin. Im Frühjahr soll dort ein Kreativzentrum entstehen - und der neue Klub der Republik.
Die Willner Brauerei in Pankow gammelt seit Jahren vor sich hin. Im Frühjahr soll dort ein Kreativzentrum entstehen - und der neue Klub der Republik.

© Thilo Rückeis

Die gründerzeitlichen, teilweise denkmalgeschützten Klinkerbauten werden wie viele alte Brauereien im Bezirk Pankow nicht mehr zur Bierherstellung genutzt. Seit 20 Jahren stehen die Gebäude leer und zerfallen, bis vor Monaten fand auf dem Gelände ein Flohmarkt statt. Von 1860 bis 1905 baute der Bierverleger Emil Willner die Brauerei, Nach dem Zweiten Weltkrieg gehörte sie zum Getränkekombinat Berlin und produzierte weiter bis 1991. Acht Jahre später wurden einige Gebäude im Westen teilweise abgerissen. Nun gibt es Pläne für das Areal, der Klub der Republik ist nur ein Baustein. Der Eigentümer, die Nicolas Berggruen Holdings, hat das Areal gerade erst einer Gruppe von Künstlern, Handwerkern und Aktivisten überlassen. Vorerst ist die Zwischennutzung auf fünf Jahre ausgelegt. Eine Baugenehmigung für Einzelhandel, Büros und Gewerbe existiert. Arbeiter entfernen gerade schlackgefüllte Decken in den Remisen. Ein Mann kommt vorbei, er hat einst die alte Heizungsanlage in der Vollguthalle bedient. Er erzählt, wie sie funktionierte, wie er hier bei der Arbeit die Wende erlebt hat und dann mit Kollegen zum Grenzübergang Bornholmer Straße gegangen ist. Die Eingangstore sind von Rost befallen, die Uhr am Hauptgebäude ist irgendwann bei zehn nach acht Uhr stehen geblieben, in Kellern steht das Regenwasser. „Das ist eine Reise in die Vergangenheit hier“, sagt Zuschlag. „Das Gelände bietet so viele Möglichkeiten.“

Ins alte Zollhaus an der Berliner Straße soll eine Pizzeria einziehen, davor ein Biergarten. Geplant sind Ateliers, Werkstätten, Co-Working-Spaces, ein Open- Air-Kino, öffentliche Gärten, Konzertstätten, ein Theater. In einem „Future Lab“ könnten Wissenschaftler, Designer und Künstler an gesellschaftlichen Problemen arbeiten, heißt es in der Beschreibung zum Projekt WBB, Abkürzung für Willner Brauerei Berlin. In den nächsten Wochen werde es mehr Klarheit über Struktur und Mitwirkende geben, sagt Zuschlag, der nicht für die gesamten Gruppen sprechen möchte. Im Frühling könnten die ersten Arbeiten fertig sein. „Wir freuen uns, etwas basteln zu können“, sagt er. „Für uns als KdR und das gesamte Projekt ist es eine Abenteuerreise.“ Nach den fünf Jahren, die der Vertrag gilt, wollen die KdR-Betreiber gucken, ob sie bleiben können. Oder ob sie sich erneut nach einem neuen Zuhause umsehen müssen. Christoph Spangenberg

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