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Berlin: Papst-Wort: Nur wenige wollen alten Ritus zurück Spannungen innerhalb der Gemeinden befürchtet

Das Schreiben von Papst Benedikt XVI. zur alten, lateinischen Messe hat gestern unter Berlins Katholiken Kopfschütteln hervorgerufen.

Das Schreiben von Papst Benedikt XVI. zur alten, lateinischen Messe hat gestern unter Berlins Katholiken Kopfschütteln hervorgerufen. Der Papst hatte in einem „Motu Proprio“ am Samstag die alte, tridentinische Messe als zweite Liturgieform für „außerordentliche“ Ereignisse wieder zugelassen. Die Besonderheit dieser Form ist etwa, dass der Priester den Gottesdienst weitgehend mit dem Rücken zur Gemeinde und in lateinischer Sprache zelebriert. In Berlin gibt es rund 320 000 Katholiken.

Hans Joachim Meyer, Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, und Hans-Jürgen van Schewick, Berlins oberster katholischer Laienvertreter, fürchten, dass es zu Spaltungen in Gemeinden kommt. Selbst in Berlin, wo die Anhänger des alten Ritus eine kleine Minderheit sind, könne man dies nicht ausschließen, da die Minderheit sehr lautstark sei. Außerdem: Wenn ein Priester für sie die alte Messe nicht zelebrieren will, können sie sich auf das Papstwort berufen und sich beim Bischof beschweren. „Das ist kein guter Stil“, sagt van Schewick.

Auch entspreche die neue Messe dem Sinn der Bibel mehr als die alte Form. „Jesus hat sich beim Abendmahl auch den Jüngern zugewandt und ihnen nicht den Rücken gezeigt“, sagt van Schewick. Meyer sieht in der Begeisterung für die lateinische Liturgie einen „Feuilleton-Katholizismus“, der „einem Hang zum Numinosen“ fröne und einen Widerwillen habe gegen alles, was Gemeinschaft ist.

In St. Matthias in Schöneberg freute sich gestern ein Besucher über die neue Vielfalt, die Benedikts Schreiben ermögliche. „So ist für jeden etwas dabei. Es gibt Gottesdienste mit Rockmusik für Jugendliche, warum soll es nicht auch traditionellere Formen geben.“ Pfarrer Wolfram Lewicki, 82, der den alten Ritus vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil selbst zelebriert hat, glaubt nicht, dass sich in den Gemeinden viel verändern werde. „Wer soll die alte Messe feiern, die jüngeren Geistlichen können ja kaum noch Latein.“ In der Gemeinde St. Ludwig in Wilmersdorf können die Jugendlichen mit der Öffnung für die alte Form nichts anfangen. „Da verstehe ich ja nichts“, sagte ein Ministrant. Andere halten es für einen „Rückschritt ins Mittelalter“.

Rainer Kampling, der die Katholische Theologie an der FU leitet, hält die Wiederzulassung des alten Ritus vor allem im Hinblick auf die Karfreitagsliturgie für problematisch. „Sollte die alte Messe tatsächlich auch an Karfreitag zugelassen sein, dann wird man im Bittgebet in katholischen Kirchen wieder von der ’Verblendung der Juden’ hören können. Wie soll sich das zur Aussage Benedikts fügen, dass die Juden von Gott geliebt sind“, sagt Kampling. Die Deutsche Bischofskonferenz geht davon aus, dass die alte Messe wegen der antisemitischen Passagen an Karfreitag verboten ist. sast/clk

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