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Ort des Friedens. Auf dem Gelände des ehemaligen Strafgefängnisses Plötzensee wurden zwischen 1933 und 1945 knapp 3000 Menschen hingerichtet. Heute erinnert eine Gedenkstätte an die Opfer des NS-Gewaltregimes – und die Kirche Regina Martyrum. Foto: Paul Zinken

© Paul Zinken

Papstbesuch: Was Benedikt XVI. nach Plötzensee zieht

Papst Benedikt XVI. könnte mit einer Messe in der Kirche Regina Martyrum Opfer der Nazis würdigen und ein Zeichen für ökumenische Versöhnung setzen.

Wohl kein anderes katholisches Gotteshaus ist so sehr mit der Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus verbunden wie die Kirche Maria Regina Martyrum im Norden Charlottenburgs. Das könnte einer der Gründe sein, weshalb Kardinal Georg Sterzinsky diesen Ort für besonders geeignet hält für einen Gottesdienst mit Papst Benedikt XVI. während seines Deutschlandbesuchs im September nächsten Jahres. Es wäre dort zwar keine große öffentliche Messe möglich, in der Gedenkkirche ist lediglich Platz für ein paar hundert Gäste. Aber der Papst könnte einen „pastoralen Akzent“ setzen und gleichzeitig an die Opfer des Nationalsozialismus erinnern.

Stefan Förner, der Sprecher des Erzbistums, bestätigte, dass die Gedenkkirche als Ort für einen Gottesdienst mit dem Papst in Erwägung gezogen werde – wegen ihrer großen Bedeutung.

Eine halbe Stunde Fußweg von der Kirche entfernt liegt die Gedenkstätte Plötzensee. Hier wird der 2900 Menschen gedacht, die während des NS-Regimes dort hingerichtet wurden, darunter die Widerstandskämpfer des 20. Juli 1944. Die Gedenkstätte befindet sich im ehemaligen Hinrichtungsschuppen, der früher im Hof des Plötzenseer Gefängnisses lag.

Beim Katholikentag in Berlin 1958 wurde auf dem ehemaligen Gefängnisgelände eine Gedenkfeier für die Opfer der „Hitlerdiktatur“ zelebriert, was den Anstoß zum Bau einer Gedenkkirche für die Ermordeten gegeben hat. „Die Kirche in Deutschland ist nicht verloren, solange das Vermächtnis von Plötzensee in den Herzen brennt, dies zu zeigen, war Sinn des Katholikentages“, sagte der Präsident des Katholikentages beim Abschlussgottesdienst 1958. Fünf Jahre später wurde die Maria Regina Martyrum (Maria Königin der Märtyrer) eingeweiht. Der frei stehende Glockenturm ist von weitem zu sehen, das quaderförmige Gotteshaus ist ein markanter Ort am Heckerdamm.

1984 siedelten sich in einem Klostergebäude daneben Schwestern des Karmeliterordens aus Dachau an, die seitdem die Gottesdienste und Veranstaltungen in der Gedenkkirche prägen, zum Beispiel die jährlichen Gottesdienste zum Holocaust-Gedenktag am 27. Januar, Veranstaltungen zum 20. Juli, Lesungen und Vorträge zum Thema Widerstand und Nationalsozialismus.

Viele Veranstaltungen führen die Karmelitinnen gemeinsam mit dem evangelischen Gemeindezentrum Plötzensee durch, das in der Nachbarschaft liegt und ebenfalls dem Gedächtnis an die Opfer des Nationalsozialismus gewidmet ist. Im dortigen Kirchenraum erinnert der „Plötzenseer Totentanz“ des Wiener Künstlers Alfred Hrdlicka an den Nazi-Terror. Aus der guten katholisch-evangelischen Zusammenarbeit heraus entstand vor einem Jahr die Idee, in den Räumen des evangelischen Gemeindezentrums Plötzensee ein „ökumenisches Gedenkzentrum Plötzensee Christen und Widerstand“ zu gründen. „Der Widerstand gegen Hitler war eine Keimzelle der Ökumene“, sagte der Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde Charlottenburg-Nord. Der Kampf gegen Hitler habe evangelische und katholische Christen zusammengeführt. Geplant sind Ausstellungen, Seminare, Konzerte und Gottesdienste, auch eine Bibliothek mit Archiv über den Widerstand soll es geben. Das Zentrum soll auch den Blick auf die Konsequenzen für die Gegenwart schärfen, auf den Schutz der Menschenrechte.

Treibende Kraft für das ökumenische Projekt sind neben den Pfarrern der evangelischen Kirche und den Karmelschwestern die Jesuiten, die sich für die Gedenkkirche Regina Martyrum engagieren – unter anderem deshalb, weil in Plötzensee 1945 auch der Jesuit Alfred Delp hingerichtet wurde. Plötzensee solle zu einem Zentrum spiritueller Jugendbegegnungen und zu einem „Ort der Inspiration“ für die in der Politik aktiven Christen werden, sagte Jesuitenpater Klaus Mertes, der Rektor des Canisius-Kollegs.

Würde der Papst hier eine Messe feiern, könnte er nicht nur an die Opfer des Nationalsozialismus erinnern, sondern auch die Freundschaft mit der evangelischen Kirche betonen. Nach Auskunft der Bischofskonferenz soll das Verhältnis zu den Protestanten ein Schwerpunkt beim Besuch des Papstes in Deutschland nächstes Jahr sein. Claudia Keller

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