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Berlin: Parallelparteien

Beim Thema Migranten sind Grüne und CDU selten einig, außer darin, dass es keine Patentrezepte gibt

Groß sind die Gegensätze zwischen CDU und Grünen, wenn es um Rechte und Pflichten der Migranten geht. Einig ist man sich in beiden Parteien nur in einem Punkt: Der Senat, allen voran der Regierende Bürgermeister, trägt nichts bei zu der Diskussion über Berlin und seine Migranten. Die Stadt stelle sich zum Beispiel im Bewerbungsvideo für die Leichtathletik-Weltmeisterschaft als multikulturelle Metropole dar, sagt der grüne Landesvorsitzende Till Heyer-Stuffer am Donnerstagabend bei einer Diskussion über die Integrationspolitik. Doch damit habe sich das Interesse Klaus Wowereits am Thema erschöpft.

Der Streit ums Kopftuch, der Mord an dem niederländischen Filmemacher Theo van Gogh, die inzwischen so genannte „Neukölln-Debatte“ über Parallelgesellschaften in Berlin – an diesen Fragen haben die Fachleute für Ausländerpolitik der Berliner Parteien ihre Thesen geschärft. Man kann jetzt schon ahnen, welche ausländerpolitischen Modelle sie im Wahlkampf als die besten darstellen werden. „Wie sollen wir uns Berlin 2015 vorstellen?“, fragte jemand aus dem Publikum das Podium, auf dem unter anderem der grüne Fraktionschef Volker Ratzmann und der CDU-Landesvorsitzende Joachim Zeller stritten. Berlin 2015 – da schwärmen die Grünen von einer weich gezeichneten Metropole. Die Berlinerin des Jahres 2015 kommt für Volker Ratzmann aus einer Migrantenfamilie, spricht drei Sprachen und hat selbstverständlich studiert. Die Grünen reden nicht mehr so einfach von Multikulti; sie sagen in ihrer „Berliner Erklärung zur Integration“, Migranten seien das „Ferment“ einer dynamischen Stadtgesellschaft, bildeten „nicht selten“ in zwei, drei Generationen eine „neue Elite“. Schwierigkeiten mit Migranten sind für sie ein Randphänomen. Kein unwichtiges, es geht um die Rechte von Frauen und Minderheiten in den Communities – aber auch kein bezeichnendes Problem.

Der CDU-Politiker Joachim Zeller sieht es genau andersherum. Weil die Situation vieler Migranten-Communities jahrelang hinter multikulturellen Illusionen verschwand, gibt es jetzt die Probleme: jahrgangsweise Kinder, die fast ohne Deutschkenntnisse in die Schule kommen, eine zunehmend rabiate Jugendkriminalität, Abschottung. Zeller, der Kommunalpolitiker, versteht sich als Problemlöser und Integrationspragmatiker: Ihn interessiert, wie möglichst schnell viele Migrantenkinder Deutsch lernen und wie türkischen Betrieben in der Stadt die Ausbildung von Lehrlingen leichter gemacht werden kann. Wer die Dönerherstellung lerne, solle nicht lernen müssen, wie man ein Schwein zerlegt, sagte Zeller beispielhaft. Die Einwandererstadt Berlin muss offenbar kräftig entbürokratisiert werden.

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