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Spielplatz Mitte. Der Mauerpark zieht jedes Wochenende Zehntausende Besucher an. Hier wird gefeiert bis spät in die Nacht – und meistens bis die Polizei die Party beendet. Foto: dapd/Maja Hitij

© dapd

Parkgelände: Bürgerinitiativen konkurrieren um Ausbau des Mauerparks

Eine neue Stiftung will die Grünanlage mit Hilfe von Spendengeldern kaufen. Jetzt gibt es Streit mit der Bürgerwerkstatt, deren Teilnehmer sich seit Jahren für die Erweiterung des Parks engagieren.

Eigentlich wollen sie alle nur das eine: Den Mauerpark so erweitern, dass die gewonnene Fläche als grüne Oase allen Bürgern zugute kommt. Das will die 2010 von der landeseigenen Grün Berlin GmbH ins Leben gerufene bezirksübergreifende Bürgerwerkstatt „Mauerpark fertigstellen“, deren Teilnehmer seit Jahren in verschiedenen Anwohnerinitiativen organisiert sind. Und das will die neue Stiftung Welt-Bürger-Park, zu deren Vorstand unter anderem der Bundestagsabgeordnete Stefan Liebich von der Linken, Grünen-Fraktionschef Volker Ratzmann und „Taz“-Chefreporter Peter Unfried gehören. Die Stiftung will die westlichen Mauerparkflächen im Bezirk Mitte von der Immobiliengesellschaft Vivico Real Estate durch Spenden und mit Hilfe prominenter Unterstützer wie der Schauspielerin Heike Makatsch und der Gruppe Rammstein kaufen.

Doch trotz des großen gemeinsamen Ziels – grün sind sich beide Initiativen nicht. Die Bürgerwerkstatt wirft der Stiftung nicht nur vor, alle früheren Bemühungen um eine bürgerfreundliche Erweiterung des Parks zu ignorieren. Sie sehen ihre zukünftige Arbeit auch massiv boykottiert: In einem Brief, der dem Tagesspiegel vorliegt, fordert die Stiftung den Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses auf, bis Oktober kein Geld mehr für die Bürgerwerkstatt zu bewilligen. „Wir halten die Freigabe von weiteren Mitteln für ein sehr ungünstiges Signal und in der Sache nicht für sinnvoll“, heißt es in dem Schreiben. Es geht um 200 000 Euro, die hauptsächlich für die Moderation der Bürgerwerkstatt und Honorare an den auch mit den Erweiterungsplänen befassten Architekten des Parks, Gustav Lange, vorgesehen sind. Die Entscheidung über die Mittelvergabe, die für den letzten Mittwoch im Hauptausschuss vorgesehen war, wurde als Reaktion auf den Brief nun auf die nächste Juni-Sitzung vertagt. „Ich halte diese Vorgehensweise für sehr arrogant. Die Stiftung verweigert jeden Dialog und tut so, als habe sie die Wahrheit für sich gepachtet“, kritisiert Mittes Baustadtrat Ephraim Gothe (SPD).

Die aktuellen Auseinandersetzungen stehen am Ende einer langjährigen Reihe von Versuchen, eine bürgerfreundliche und finanzierbare Erweiterungsmöglichkeit für den derzeit gut sieben Hektar großen Park zu finden. Als das Land Berlin Anfang der 90er Jahre von der Allianz Umweltstiftung viereinhalb Millionen Mark für die Gestaltung des Parks bekam, war dies an die Bedingung geknüpft, den Park bis 2010 auf mindestens zehn Hektar zu erweitern. Da das Geld für den Flächenankauf fehlte, wurde die Frist bis 2012 verlängert. Damit das Land keine Vertragsstrafe zahlen muss, müsste also rasch gehandelt werden. Doch der für die Erweiterung infrage kommende Weststreifen gehört der Vivico – und die möchte auf einem Teil des als Grünfläche ausgewiesenen ehemaligen Bahngeländes im Tausch gegen einige freie Hektar gern groß und teuer bauen.

„Die Entwürfe in dem von uns begleiteten städtebaulichen Wettbewerb sahen eine massive Bebauung vor, die wir kategorisch ablehnen“, sagt Alexander Puell von der Bürgerwerkstatt und dem Verein „Freunde des Mauerparks“. Die Bürgerwerkstatt wolle höchstens eine Bebauung, die dem Park nütze wie Toilettenhäuschen oder ein Kulturzentrum. „Anders als die neue Stiftung uns vorwirft, wollen wir hier genauso wenig Townhouses oder Hotels“, sagt Puell. Er begrüße zudem die Idee der Stiftung, Geld für den Kauf des Geländes zu sammeln.

Gegen Toiletten und einen Kulturpavillon hätte auch Heiner Funken aus dem Stiftungsvorstand prinzipiell nichts einzuwenden. „Jegliche andere Bebauung und faule Tausch-Kompromisse kommen für uns aber nicht infrage.“ Sehr weit auseinander scheinen die Positionen also gar nicht zu liegen – vielleicht müssten sich alle Beteiligten nur mal zusammen an einen Tisch setzen? Doch das scheint kaum mehr möglich, denn die Angelegenheit wird immer mehr zum Politikum: Die SPD könnte sich zur Not mit Teilbebauungsplänen an den Parkrändern anfreunden und setzt auf den Dialog mit der Vivico. Die Linke unterstützt Funken und seine Mitstreiter von der neuen Stiftung, und die hoffen vor allem darauf, dass es im September zu einem Regierungswechsel in Berlin kommt. „Dann sind hoffentlich die Änderung des Flächennutzungsplans und damit jegliche Hochbau-Bebauungspläne vom Tisch“, erwartet Funken. Wenn der 54-Jährige davon spricht, dass der Senat 50 Prozent des zukünftigen, von Funken mit derzeit mehreren Millionen Euro bezifferten Kaufpreises übernehmen soll, hat er dabei offenbar keine rot-roten Gesprächspartner mehr vor Augen. Funkens Programm für die nächsten Monate steht jedenfalls: Mit Flash-Mobs und weiteren Aktionen im Park auf die Stiftung aufmerksam machen, Mitglieder werben und sich bei großen Stiftungen und Sponsoren um Spenden bemühen. Alles Weitere soll der Herbst bringen.

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