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Mitarbeiterin des Ordnungsamts schreibt ein Knöllchen.

© Kai-Uwe Heinrich

Parkplatz-Sorgen: Ausweitung der Knöllchenzone

In Prenzlauer Berg sollen schon bald 380 neue Parkscheinautomaten aufgestellt werden. Das soll den Autoverkehr verringern - und trifft dabei vor allem die S-Bahn-Pendler.

Die Parkzonen in Prenzlauer Berg werden erweitert, notfalls ohne Parkscheinautomaten. Der zuständige Stadtrat Torsten Kühne (CDU) ist wild entschlossen, am 2. April die ersten „Info-Knöllchen“ im Bötzowviertel, rund um Humann- und Arnimplatz nördlich des S-Bahnrings, in der Grünen Stadt und im Friedrichshainer Barnimkiez verteilen zu lassen. Die Aufstellung der 380 Parkscheinautomaten hat der Februarfrost vereitelt, aber Kühne ist optimistisch, dass die beauftragte Firma ihr Pensum im März nachholt.

Info-Knöllchen sollen die echten Knöllchen in den ersten Wochen ersetzen, um die Autofahrer vorsichtig auf die neue Zahlungspflicht in den Parkzonen 44 und 45 vorzubereiten. Dazu wurden neue hellblaue P-Schilder gefertigt, die freundlicher wirken als die alten Halteverbotstafeln. 44 000 Anwohner können jetzt kostengünstige Dauerplaketten beantragen. Mit den neuen Parkzonen sollen die autoüberlasteten Quartiere vom „Parkdruck“ befreit werden. Kühne rechnet mittelfristig mit 20 Prozent weniger Autos, die sich um die freien Stellplätze rangeln.

An der Schönhauser Allee sind es vor allem S-Bahn-Pendler, die die Straßen rundherum verstopfen. Eine Begehung der Schivelbeiner Straße an einem Februar-Nachmittag bestätigt das Problem. Ein Autofahrer, der hier wohnt, hat den letzten Parkplatz auf dem Mittelstreifen erobert. Seine Frau sei 15 Minuten gekreist, bis sie dringend zu einem Termin musste, erzählt der IT-Consultant. Er habe den in der zweiten Reihe abgestellten Wagen dann übernommen und nach einem Stellplatz gesucht. „Das entspannt sich hier erst nach Feierabend“, sagt er.

Westlich des Arnimplatzes nahmen die freien Parkplätze dagegen zu. Eine Mutter im Kieztreff „Freund Blase“ an der Paul-Robeson-Straße versteht gar nicht, warum hier bald Parkzone sein soll.

Jenseits der Schönhauser Allee, an der Gethsemanekirche, gibt es schon eine Parkzone, und trotzdem fehlen Parkplätze. Eine Mutter mit zwei Kindern erzählt, dass zuletzt elf Stellplätze wegen Umbauarbeiten weggefallen seien, deshalb sei der Entlastungseffekt durch die Gebührenpflicht weitgehend verpufft.

Rund um Helmholtz- und Kollwitzplatz wird es vor allem abends schwer, einen Parkplatz zu finden. Eine junge Frau, die am Helmholtzplatz wohnt, findet die Parkzone „fürchterlich“, weil sie keinen Effekt habe. „Die Leute ziehen keine Tickets“, und wer einen Anwohnerausweis hat, finde trotzdem keinen Parkplatz. „Früher konnte man noch quer auf dem Gehweg parken“, doch wegen der vielen Kontrollen gehe das jetzt richtig ins Geld. „Wir haben bis zu 100 Euro im Monat für Knöllchen bezahlt.“

Abzocke ist der häufigste Vorwurf, wenn man nach den Parkzonen fragt.

Im Dienste der Ordnung unterwegs.
Im Dienste der Ordnung unterwegs.

© promo

Stadtrat Kühne gibt zu, dass zurzeit in Prenzlauer Berg viele Parkplätze wegen Bauarbeiten gar nicht zur Verfügung stehen, aber das werde sich zum Positiven ändern. Ein Gutachten habe ergeben, dass in den alten Parkzonen am Tag 3000 Autos weniger unterwegs seien. Der Anwohnerausweis berechtige zwar zum Parken, aber garantiere keinen Stellplatz. Dafür müsse man sich eben einen Tiefgaragenplatz mieten, der rund 100 Euro im Monat koste. Der Anwohnerausweis ist mit 20 Euro für zwei Jahre äußerst erschwinglich.

Dass vor allem Pendler die Opfer der neuen Gebühren sein werden, stellt Kühne nicht in Abrede. Im Wettbewerb der Nutzergruppen würden Anwohner eben bevorzugt, das sei politisch so gewollt. Die Verwaltung will mit den Parkgebühren vor allem Ordnung ins tägliche Chaos bringen. Die Parkgebühren finanzieren die rund 160 Kontrolleure, die in Pankow laut Kühne im Dreistundentakt jede Straße ablaufen. Monatlich schreiben sie allein in Prenzlauer Berg 40 000 Strafzettel, berlinweit waren es 2011 mehr als zwei Millionen Knöllchen in den 43 Parkzonen. Das Land nahm dadurch mehr als 28 Millionen Euro ein.

Abzocke ist der häufigste Vorwurf, wenn man nach den Parkzonen fragt. Achim Ruppel, der erfolgreich gegen die Erweiterung der Parkzonen am westlichen Kudamm kämpfte, empfindet die Gebühren als nutzlose Gängelei: „Alles nur Bürokratie, die sich weiter aufbläht.“ Beim Bürgerbegehren 2007 stimmten 86 Prozent gegen die neue Parkzone.

Bei einem Bürgerbegehren gegen Parkzonen in Mitte lag die Ablehnung ebenfalls bei 80 Prozent, allerdings scheiterte es wegen mangelnder Beteiligung. Die Parkzonen am Hauptbahnhof und im Regierungsviertel wurden eingerichtet, aber es werde zu wenig kontrolliert, kritisieren Anwohner. Bei geringer Kontrollintensität bricht das Parkzonensystem zusammen, weil es sich lohnt, auf das Ticket zu verzichten. Die Zeitüberschreitung kostet nur fünf Euro, soll allerdings im April auf zehn Euro erhöht werden.

In den neuen Zonen formiert sich bislang kein Widerstand. Bezirk und Senat werten das als Indiz zunehmender Akzeptanz. Ist die Zone erstmal eingerichtet, würden auch die Vorteile wahrgenommen. Dönerbudenbetreiber Ali Ünal hofft, dass die Dauerparker endlich vertrieben werden, Leute, die ihr Auto monatelang nicht anrühren. Ünal nimmt an, dass sie gar nicht hier wohnen.

Knöllchen-Bilanz

Das Land Berlin nahm 2012 von Januar bis November 65 Millionen Euro durch Buß- und Verwarngelder im Straßenverkehr ein, davon kamen 27 Millionen Euro aus den Parkzonen.
In Pankow wurden 2012 rund 430 000 Strafzettel verteilt, daraus kamen 4,1 Millionen Euro an Buß- und Verwarngeldern aus den Parkzonen zusammen, die Einnahmen aus den Parkscheinautomaten summierten sich auf 2,5 Millionen Euro. Die Kosten für Kontrolleure und Verwaltung lagen bei drei Millionen Euro. In Mitte wurden 2011 760 000 Strafzettel verteilt, daraus ergaben sich Einnahmen von 6,6 Millionen Euro. Die Parkscheinautomaten sammelten 7 Millionen Euro ein.

In den neuen Pankower Parkzonen kostet die Stunde 1 Euro (Mo bis Sa von 9 bis 24 Uhr).

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