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Berlin: Parteilich im Tendenzbetrieb

Ein Organisator der Südwest-CDU verliert den Job Er soll im Machtkampf nicht neutral gewesen sein.

Die Auseinandersetzung um die Vorherrschaft in der Südwest-CDU hat bislang zwei Verlierer produziert. Neben dem Noch-Kreischef Michael Braun ist das der frühere Kreisgeschäftsführer Rainer K.: Er hat mitten im Streit zwischen Braun und dem Bundestagsabgeordneten Karl-Georg Wellmann seinen Job in der Kreisgeschäftsstelle verloren. Ob zu Recht oder zu Unrecht: Darüber hat jetzt eine Arbeitsrichterin zu befinden. Das wird dauern. Ein Gütetermin, bei dem sich K. und der Vorstand der Südwest-CDU hätten einigen können, ist am Dienstag ohne Einigung abgelaufen.

Zwischen Wellmann und Braun war es darum gegangen, ob Wellmann sich zum dritten Mal als Direktkandidat von Steglitz-Zehlendorf für den Bundestag zur Wahl stellen sollte – oder ob Braun ihn ablöst. Weil die Auseinandersetzung sehr persönlich wurde zwischen den beiden langjährigen politischen Freunden, stand nach Wellmanns Nominierung auch noch Brauns Amt als Kreisvorsitzender zur Debatte. Diesen Konflikt hat Braun am vergangenen Freitag dadurch beendet, dass er erklärte, nicht noch mal kandidieren zu wollen.

Für Rainer K. geht es indes um die berufliche Existenz. Im Zentrum des Streits um seinen fristlosen Rausschmiss steht die Frage, was ein Kreisgeschäftsführer darf und was nicht, ob er politisch sein und gewissermaßen vom Schreibtisch der Geschäftsstelle aus mit den anderen politisieren darf – oder ob er neutral wie ein Sachbearbeiter sein muss.

Anlass für die Kündigung war eine Mail K.s an einen Mitarbeiter Wellmanns im Bundestag: Bitte keine Mails mehr an die Kreisgeschäftsstelle, die für die Augen und Ohren des Kreisvorsitzenden – Michael Braun – nicht gedacht seien, mahnte der Kreisgeschäftsführer. Der Anlass seiner Warnung war die Rückkehr einer Mitarbeiterin nach längerer Krankheit. Die Kollegin hätte Machtkampf-Mails aus dem Kreis der Wellmann-Unterstützer an Rainer K. ebenfalls lesen können, denn Mails an die Kreisgeschäftsstelle waren auf allen Rechnern. So schloss Braun aus der Mail von Rainer K. offenbar, dass der sich nicht bloß als Organisator der Südwest-CDU verstand, sondern als Mann des Wellmann-Lagers. Weitere Beweise für die Tendenz des Geschäftsführers waren angeblich die vier anderen Adressaten der „Vorsicht“-Mail. Auch sie galten als Unterstützer von Wellmanns Bundestagskandidatur. „Verstanden!“, soll Wellmanns Mitarbeiter dann auch gleich ganz unkonspirativ zurückgemailt haben.

Dass nicht allein Braun nun ein Problem mit dem Jobverständnis von Rainer K. hatte, zeigte sich kurz nach dem Mail-Verkehr im Vorstand der Südwest-CDU. Das Gremium sprach sich Anfang Oktober dafür aus, Rainer K. fristlos zu kündigen. K. legte Widerspruch ein. Darauf bestätigte der Kreisvorstand bei der nächsten Sitzung Ende Oktober mehrheitlich die Kündigung und bevollmächtigteBraun, dies Rainer K. auch schriftlich mitzuteilen. Dabei habe es Gegenstimmen gegeben, sagt Karl-Georg Wellmann, der an der Sitzung teilnahm – „weil Rainer K. ein ausgezeichneter Kreisgeschäftsführer war“.

Beim Gütetermin vor dem Arbeitsgericht ersparte sich K. den persönlichen Auftritt. Sein Anwalt verlangte, die Kündigung als „sittenwidrig“ zu betrachten. Denn nirgendwo, so sein Anwalt, stehe geschrieben, ein Kreisgeschäftsführer habe sich „politisch neutral“ zu verhalten, schon gar nicht in einem „Tendenzbetrieb“ – so heißt das, wenn Juristen über Parteiorganisationen sprechen.

Tatsächlich gehörte Rainer K. auch als Mitglied der Südwest-CDU an. Als Delegierter war er nach Aussage von Parteifreunden an der Kür des nächsten Bundestagskandidaten beteiligt. Die Richterin hat nun drei Monate Zeit, um herauszufinden, wo genau in einer CDU-Kreisgeschäftsstelle die Neutralität aufhört und die Parteiarbeit beginnt. Ende Februar wird abermals verhandelt. wvb.

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