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Die Berliner Linke versucht, sich neu zu verorten.

© dpa

Parteitag analysiert Fehler: Berliner Linke wollen wieder linker werden

Die Linke in Berlin ist auf Fehlersuche: nachdem sie nach zehn Jahren wieder in der Opposition sitzt, will sich die Partei neu aufstellen und für neue Wählerschichten attraktiv werden.

So ist das immer, wenn man die Macht verliert: Bei nächster Gelegenheit sagen einem die Parteifreunde, was man alles falsch gemacht hat. Für die Linkspartei, nach zehn Jahren im Senat neuerdings in der Opposition, kam die Gelegenheit an diesem Samstag. Die Delegierten nutzten sie intensiv. Gut 140 waren zum Landesparteitag ins Ramada-Hotel am Alexanderplatz gekommen, wo man den Tagungsraum in laszivem Rot ausgeleuchtet hatte. 45 Debattenbeiträge nach der Rede des Landesvorsitzenden Klaus Lederer bewiesen kräftigen Innendruck in der Partei und Freude am Streit.

Dabei war Lederers Rede alles andere als eine Glorifizierung des Mitregierens. Der Frontmann der Linkspartei hatte von „gravierenden Fehleinschätzungen“ gesprochen, denen die Führung unterlegen sei. Besonders deutlich sei das beim Wasser-Volksbegehren gewesen, das die Linke lange nicht bereit gewesen war zu unterstützen. Auch bei den Mieten seien die Linken „zerrieben“ worden zwischen der Öffentlichkeit und der „blockierenden SPD“. Insgesamt sei die Partei in der Gesellschaft nicht so verankert, wie sie es sein müsste. Man müsse wieder in Erfahrung bringen, wie in Clubs, den „Softwarebuden“ oder in den migrantischen Communities gedacht werde.

Das ließ ahnen, welche Richtung in der Opposition Lederer will. Doch richtig viel Beifall bekam der linke Landeschef nicht für seine Rede. Fetten Applaus schenkten die Delegierten nur denen, die das Mitregieren einer posthumen General- und Fundamentalkritik unterzogen. Besonders radikal waren traditionell die Kämpfer von der Kommunistischen Plattform, allen voran, wie gehabt, Ellen Brombacher, ehemals SED-Kulturfunktionärin in der DDR.

Für sie hat der Niedergang der Linken 2002 begonnen – mit der „unsäglichen Präambel“ des Koalitionsvertrags, in der sich die Linke der SPD „weitgehend angepasst“ habe. So sei das weitergegangen. Im November 2010 etwa seien Anträge zur Unterstützung des Wasservolksbegehrens „weggebügelt“ worden. Signale der Solidarität seien zu selten gesendet worden – und wenn doch, gab es Streit. Etwa um den Glückwunsch der Linkspartei-Kommunisten an Fidel Castro.

Brombacher war sich unter dem Beifall vieler Delegierter sicher: Nicht der Glückwunschbrief an Castro habe die Linke Sympathien gekostet, sondern „die Reaktion von Klaus“. Nicht weniger verbalradikal gaben sich die Genossen aus Neukölln. Sie forderten einen „Aktions- und Bewegungsrat“, der die Linke mit allen zusammenbringen soll, die in Berlin sozialen und anderen Protest inszenieren.

Viel blieb nicht vom Protest gegen die Verantwortungsethiker der Linken: Am Ende beschloss man mit großer Mehrheit den Leitantrag des Vorstands. Der sieht neben schönen sozialpolitischen Zielen eine Organisationsreform und das Bemühen um mehr aktive Mitglieder vor. Wie hatte der Bundesgeschäftsführer und Links-Realo Dietmar Bartsch versöhnend bemerkt? „Wenn man regiert – das ist der schwerere Part.“

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