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Berlin: PDS-Stadträtin kaufte Asylbewerberin aus der Haft frei und hat dem Land Berlin 35 000 Mark gespart

Weil eine Jugendstadträtin um 415 Mark ärmer ist, ist das Land Berlin um gut 30 000 Mark reicher und hat eine Bewohnerin weniger. So oder so ähnlich lässt sich die Posse zusammenfassen, die sich in der vergangenen Woche weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit zugetragen hat: Die Lichtenberger PDS-Jugendstadträtin Stefanie Schulze griff in die eigene Tasche und kaufte eine illegal eingereiste Bulgarin aus der Frauenvollzugsanstalt frei.

Weil eine Jugendstadträtin um 415 Mark ärmer ist, ist das Land Berlin um gut 30 000 Mark reicher und hat eine Bewohnerin weniger. So oder so ähnlich lässt sich die Posse zusammenfassen, die sich in der vergangenen Woche weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit zugetragen hat: Die Lichtenberger PDS-Jugendstadträtin Stefanie Schulze griff in die eigene Tasche und kaufte eine illegal eingereiste Bulgarin aus der Frauenvollzugsanstalt frei. Die Alternative, so Stefanie Schulze, sei gewesen, dass der Bezirk Lichtenberg 55 Tage lang jeweils 350 Mark am Tag für die Unterbringung der vierjährigen Tochter, das Land Berlin weitere 250 Mark am Tag für die Haft der Mutter gezahlt hätte.

Und das alles für ein Vergehen, das nur Asylbewerber begehen können und das aus dem Jahre 1992 datiert: Damals hatte die Bulgarin bei ihrem ersten Aufenthalt in Deutschland als Asylsuchende verbotenerweise das Land Berlin verlassen, war nach Dresden gereist und dabei erwischt worden. Wenig später wurde sie aus Deutschland abgeschoben.

Als sie in diesem Jahr erneut einreiste, war die damals nicht beglichene Strafe weder vergessen noch verfallen. Milka I. konnte die 415 Mark allerdings immer noch nicht bezahlen und wurde ersatzweise zu 55 Tagen Freiheitsstrafe verurteilt. Ihre Tochter wurde in den Räumen des Jugendnotdienstes untergebracht. Als "hirnrissig" bezeichnet Stadträtin Stefanie Schulze die Entscheidung, die Mutter einer vierjährigen Tochter für eine derartige Tat ins Gefängnis zu schicken. "Nach 55 Tagen wäre die Frau ohnehin abgeschoben worden. Das ist Geldverschwendung allererster Güte."

Nachdem die Jugendstadträtin die Schuld beglichen hatte, ging alles seinen geregelten Gang: Milka I. wurde entlassen, marschierte in Begleitung einer Mitarbeiterin des Lichtenberger Jugendamtes zur Ausländerbehörde. Am Sonnabend fand sie sich termingemäß bei der Polizei ein, wurde zum Flughafen Schönefeld gefahren und abgeschoben.

Die Berliner CDU ist allerdings weit davon entfernt, den Fall auf sich beruhen zu lassen. Der rechtspolitische Sprecher der Fraktion, Andreas Gram, will den Fall von dem künftigen Rechtsausschuss überprüfen lassen. Gram hält das Verhalten der Lichtenberger Stadträtin für geradezu skandalös: "Wenn Menschen verurteilt werden, kann man sie doch nicht aus Kostengründen auf freien Fuß setzen."

Verständnis zeigt hingegen der ausländerpolitische Sprecher der Bündnisgrünen, Ismail Kosan, der darauf verweist, wie häufig gerade Einwanderer von derartigen Straftaten betroffen sind: "Frau Schulze hat ein kleines Fenster geöffnet, um das unsägliche Ausländergesetz zu umgehen", erklärt Kosan.

Berlins Ausländerbeauftragte Barbara John (CDU) steht dem "Freikauf" gespalten gegenüber. "Ein Rechtsstaat kostet nun einmal Geld", sagt John. Allerdings meint auch sie, dass in dem vorliegenden Fall die Verhältnismäßigkeit kaum gewährleistet sei. "Bei einem so geringfügigen Delikt muss es andere Wege geben."

Tatsächlich kann eine Geldstrafe, die ein Verurteilter nicht bezahlen kann, bereits jetzt auf Antrag der Staatsanwaltschaft nachträglich in eine abzuleistende gemeinnützige Arbeit verwandelt werden. Dem Richter allerdings bleibt bisher nur die Entscheidung zwischen Geld- oder Freiheitsstrafe. Allerdings liegt dem Bundestag ein Antrag des Bundesrates vor, laut dem gemeinnützige Arbeit als eigenständige Strafe eingeführt werden soll.

Jeannette Goddar

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