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Hoch hinaus. Kinder brauchen Väter – und diese eine günstige Unterkunft. Foto: dpa

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Berlin: Pension Papa

Für getrennt lebende Väter auf Kinderbesuch gibt es eine Zimmervermittlung

Irgendwann hat er dann im Auto übernachtet. Das war unbequem und kalt, aber was sollte Matthias Rapp (Name geändert) tun, er wollte seinen Sohn unbedingt sehen, und immer ein Hotel, das konnte er sich nicht leisten. Rapp wohnt in Süddeutschland, sein Sohn bei der Exfrau in Berlin, die 500 Kilometer dazwischen fährt Rapp im Sommer bei 30 Grad, im Winter bei Schnee und Eis, am Freitag hin und am Sonntag zurück. „Das kostet ungeheuer viel Kraft.“ Manchmal habe er aufgeben wollen, sagt der Vater, der seinen richtigen Namen nicht in der Zeitung lesen will.

In Deutschland sind jährlich 160 000 Kinder von einer Trennung ihrer Eltern betroffen, meist bleiben sie bei den Müttern, und die Väter wie Matthias Rapp kommen sie besuchen. Die Kosten dafür müssen die Väter tragen, auch bei der Berechnung des Unterhalts werden sie nicht berücksichtigt. Damit Väter in Geldnot nicht wie Matthias Rapp zu verzweifelten Maßnahmen greifen müssen, hat Annette Habert 2009 die Initiative „Mein Papa kommt“ gegründet.

Anfangs auf den Raum München beschränkt, vermittelt die Religionslehrerin Vätern Schlafplätze bei Privatpersonen. Meist entstehen feste Gast-Gastgeber-Gespanne, aber verpflichten muss sich der Gastgeber zu nichts. Vor jedem Besuch wird er erneut gefragt. Inzwischen funktioniert die Übernachtungsbörse auch überregional: Im Bundesgebiet gibt es etwa 150 Gastgeber, darunter sechs Berliner, und 60 Gastväter, drei davon fahren wie Matthias Rapp regelmäßig nach Berlin.

Auf die Idee kam Annette Habert, als sie mit Schülern über Scheidung sprach. Ob man in Kirchen nicht Flatrate-Telefone installieren könne, fragte ein Kind. Es wolle den Vater anrufen, ohne dass die Mutter davon erfahre. Dieser Wunsch war nicht zu erfüllen, aber als ein anderer Junge erzählte, dass er seinen Vater nur im Sommer sehe, weil dieser im Auto übernachte und es dafür im Winter zu kalt sei, beschloss Habert zu handeln.

Der erste Vater, dem sie zu einem Schlafplatz verhalf, stammt aus Chemnitz und trennte sich schon während der Schwangerschaft von der Mutter des Kindes. Er sagt, er habe sich so schwer damit getan, in seine Vaterrolle zu finden, dass er die Ermunterung seiner Gastgeberin und ihre freundlichen Nachfragen gebraucht habe, um den Kontakt zum Kind zu halten. Dass es bei „Mein Papa kommt“ nicht nur um die Einsparung von Übernachtungskosten geht, bestätigt der Projektmitarbeiter Jobst Münderlein. Oft sei das Verhältnis zwischen Vater und Mutter belastet, was sich auf die Besuche auswirke, sagt er. „Der feste Schlafplatz und der Kontakt zum Gastgeber helfen den Vätern beim Durchhalten.“

Das empfindet auch Matthias Rapp so. Er wohnt, wenn er in Berlin ist, bei Gastgeberin Damaris Brändlin und ist begeistert, weil die 24-Jährige ihm sagt, wo er mit seinem Sohn Schwäne füttern kann oder einen besonders schönen Spielplatz findet. Brändlin wiederum ist angetan von dem Projekt. „Es gibt eine Lücke im System“, sagt sie. „Viele Mütter wünschen sich, dass der Mann sie mehr unterstützt, aber den Männern, die helfen wollen, wird die Vaterrolle manchmal schwergemacht.“

Gastgeber wie Brändlin werden weiter dringend gesucht, denn die Anfragen mehren sich. Inzwischen haben sich Väter aus England, der Schweiz und Österreich gemeldet, die ihre Kinder in Deutschland besuchen wollen. Doch natürlich brauchen nicht nur Väter Hilfe: Neulich hat Annette Habert der ersten Mutter erfolgreich ein Schlafplatz vermittelt. Bis dahin hatte die Frau auf einer Isomatte im Treppenhaus des Hochhauses geschlafen, in dem ihr Kind mit dem Vater lebt. Verena Friederike Hasel

Gäste und Gastgeber können sich registrieren unter: www.mein-papa-kommt.de

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