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Berlin: Personalreform: Beim Verfassungschutz stockt die Erneuerung

Gerade hat beim Berliner Verfassungsschutz die personelle Erneuerung begonnen, da könnte sie schon wieder scheitern. Unter den Ex-Verfassungsschützern regt sich Widerstand.

Gerade hat beim Berliner Verfassungsschutz die personelle Erneuerung begonnen, da könnte sie schon wieder scheitern. Unter den Ex-Verfassungsschützern regt sich Widerstand. Sie wollen bleiben. Seit Jahresbeginn hat der Verfassungsschutz mit der früheren stellvertretenden Berliner Datenschützerin, Claudia Schmid, eine neue Leiterin. Mit Dr. Gerhard Fricke vom Bundeskriminalamt ist jetzt auch ihr Stellvertreter gefunden. Bereits im Februar wurden die ersten fünf Referatsleiter des vor einem Jahr aufgelösten Alt-Amtes in den vorzeitigen Ruhestand geschickt. Zehn weitere sollen in den nächsten Tagen folgen. Einige ihrer Stellen sind schon neu besetzt und auch die Neubesetzung der Sachbearbeiterebene gilt als abgeschlossen.

Doch gerade hier drohen nun Schwierigkeiten, die die gesamte Personalreform scheitern lassen könnten. Einer der 22 bereits versetzten Beschäftigten klagt. Nach Ansicht seines Rechtsanwaltes Johann Schmid-Drachmann stehen die Chancen für seine Rückkehr auf die alte Stelle im Bereich Politischer Extremismus nicht schlecht. Da die Angelegenheit eilbedürftig ist, rechnet der Anwalt im Mai mit einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtes. Ist die Klage erfolgreich, wäre sie für die Stellenbesetzung beim Verfassungsschutz von grundsätzlicher Bedeutung.

Um den Geheimdienst endlich aus den Schlagzeilen zu bringen, hatte Werthebach das Amt formell aufgelöst und in eine Abteilung der Innenverwaltung umgewandelt. Alle alten Mitarbeiter erhielten zum Jahresbeginn 2001 die Mitteilung, sie seien in den Personalüberhang des Landes Berlin überstellt. Ihre Stellen wurden bundesweit neu ausgeschrieben. Doch in der pauschalen Zuordnung der Ex-Verfassungsschützer zum Personalüberhang bei gleichzeitiger Ausschreibung der Stellen liegt offenbar das Problem.

Nach Paragraf 61 des Landesbeamtengesetzes (LBG) ist die Versetzung oder Abordnung eines Beamten nur möglich, wenn die bisherige Dienststelle aufgelöst wird und damit die frühere Aufgabe des Mitarbeiters entfällt. Diese Voraussetzung sei aber nicht erfüllt, sagt Anwalt Schmid-Drachmann. "Es mangelt bereits an den Voraussetzungen einer Umbildung der Behörde, da keine wesentlichen Aufbauänderungen damit einhergehen".

Dies habe der Senat durch die Neuausschreibung der Stellen selbst dokumentiert. Auch im Stellenplan des neuen Verfassungsschutzgesetzes seien nur zwei wegfallende Stellen ausgewiesen. Eine en-Bloc-Überführung in den Überhang sei somit rechtswidrig. "Eine kollektive Aufnahme der bisherigen Dienstkräfte in den Personalüberhang stellt (...) eine Personalbereinigungsaktion zwecks einseitiger politischer Ausrichtung des Verfassungsschutzes dar", sagt Schmid-Drachmann.

Von den einstigen Verfassungsschützern, so weiss ein Insider, würden die jetzt angelaufenen Umsetzungen ihrer Kollegen, "die sich nichts haben zu Schulden kommen lassen", als "unsozial und fürsorgerechtswidrig" empfunden. Neben "Frust und Angst" hätte die Massnahme auch "breite Empörung ausgelöst". Der ersten Klage könnten also weitere folgen. Dass die Ausschreibung einer besetzten Stelle rechtlich problematisch ist, wird beim Personalrat der Innenverwaltung bestätigt. Darauf habe man den Innensenator auch hingewiesen.

Gerd Zettler, bei der Gewerkschaft verdi für den Verfassungsschutz zuständig, sieht in Paragraf 61 LBG dagegen kein Hindernis. Mit dem neuen Verfassungsschutzgesetz sei die notwendige spezialgesetzliche Grundlage für die Umsetzungen geschaffen. "Da ist nichts zu holen". Anders sei es bei einer Konkurrentenklage. Hier müsse der Dienstherr genau begründen, warum bisherige Stelleninhaber nach jahrelanger Arbeit nun nicht mehr geeignet seien. Die Senatsinnenverwaltung will sich derzeit nicht äussern. Schliesslich, so Werthebachs Sprecher Hartmut Rhein, sei man in dieser Angelegenheit "eine streitbefangene Partei".

Otto Diederichs

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