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Ausstellungs-Örtchen: Wer durch Petzow spaziert, kommt unter anderem am alten Spritzenhäuschen vorbei.

© Andreas Klaer

Petzow in Brandenburg: Ein Heimatverein mit Visionen

Petzow hat nicht nur sehenswerte Bauten, sondern auch einen Verein, der sich um das Ortsbild kümmert – seit 15 Jahren.

Ein Dorf als Werbeausstellung: Wer durch Petzow von der Kirche zum Schlosspark geht, sieht Ziegelhäuser verschiedener Art – vom kleinen Spritzenhäuschen für die Feuerwehr über flache Bauernhäuser mit hohen Giebeln bis hin zum ausladenden Taubenturm.

„Der Ziegeleibesitzer von Kaehne hat hier einst alle Bauernhäuser abreißen lassen und mit Steinen aus seiner Manufaktur neu bauen lassen, um zu zeigen, was mit seinen Materialien alles möglich ist“, sagt Karl-Heinz Friedrich, der Vorsitzende des Petzower Heimatvereins, begeistert. In diesem Monat feiert der Verein sein 15-jähriges Bestehen.

Eine neue Orgel für die Schinkelkirche

Einst haben 17 heimatgeschichtlich interessierte Menschen den Verein gegründet, inzwischen ist er auf 38 Mitglieder angewachsen. Und die bewegen einiges: Zwei Großprojekte konnte der Verein bisher schon stemmen. „Das finanziell größte Projekt war sicher die Orgel für die Schinkelkirche“, sagt Friedrich.

Schon vor der Vereinsgründung haben sich einige Aktive dafür eingesetzt, dass die dem Landkreis gehörende Kirche ein Instrument erhält. „Wir wollten, dass dort auch Konzerte veranstaltet werden können“, sagt der 67-Jährige, der 1999 von Potsdam nach Petzow gezogen ist und vor seiner Pensionierung im Bundesarchiv arbeitete. Zehn Jahre lang hat der Verein Spenden gesammelt, stellte Förderanträge, bis die 170 000 Euro schließlich zusammen waren und die Orgel zu Pfingsten 2002 eingeweiht werden konnte.

Bei den Staffelgiebeltürmen, die eine Toreinfahrt zwischen der Kirche und dem Schloss säumen, war der Verein sogar selbst Bauherr. 1945 wurden die originalen Türme abgetragen, die Ziegel wurden wahrscheinlich für dem Bau von Häusern benötigt. Ortsvorsteher Bernd Hanicke besaß noch ein Bild der Türme. Ein Architekt hat danach und nach den Abmaßen der damaligen Ziegel die sechseinhalb Meter hohen Schmucktürme rekonstruiert. Zwischen 2014 und 2016 wurden sie gebaut, mit 20 000 Euro Spendengeldern und mehr als 50 000 Euro der Stadt Werder (Havel).

Die rekonstruierten Staffelgiebeltürme prägen das Ortsbild von Petzow.
Die rekonstruierten Staffelgiebeltürme prägen das Ortsbild von Petzow.

© Andreas Klaer

Doch nicht nur baulich hat der Verein in eineinhalb Jahrzehnten seine Spuren hinterlassen. Das Waschhaus im Schlosspark – der wegen den Sturmschäden des Herbstes noch immer nicht betreten werden darf – ist zu einem beliebten Heimatmuseum geworden, das ab April wieder jeden Sonntag geöffnet haben soll.

Ein Kirchenkreuz soll rekonstruiert werden

Dort gibt es auch kostenlos die „Schriften des Heimatverein Petzow e.V.“, heimatgeschichtliche Beiträge der Hobby-Historiker. Karl-Heinz Friedrich selbst hat in den vergangenen Jahren zwei Bücher über die Geschichte des Ortes veröffentlicht, „Die Kaehnes in Petzow“ und „Petzow - relativ absolut“.

Auf Vorschlag von Ortsvorsteher Hanicke will der Heimatverein ab dem kommenden Jahr wieder im Ortsbild ein sichtbares Zeichen hinterlassen: ein vier Meter hohes Kirchenkreuz im Schlosspark. Investor Klaus Kosakowski, der sich auch im Heimatverein engagiert, baut derzeit die alte Schule neben dem Parkeingang zum Café um. „Bei der Grundstückserschließung ist man dann auf den Sockel des Kreuzes gestoßen, der in der Erde vergraben war“, sagt Friedrich.

Das Kreuz, das auf einem Platz zwischen Gutshaus und Petzower Haussee stand, markierte den Standort der früheren Petzower Fachwerkkirche. Sie wurde abgerissen, als unter Planung von Peter Joseph Lenné und Karl Friedrich Schinkel das Parkareal Anfang des 19. Jahrhunderts umgestaltetet wurde, Schloss und die neue Kirche entstanden.

Karl-Heinz Friedrich vom Heimatverein sähe das vier Meter hohe Kreuz gern wieder auf dem Sockel im Schlosspark.
Karl-Heinz Friedrich vom Heimatverein sähe das vier Meter hohe Kreuz gern wieder auf dem Sockel im Schlosspark.

© Andreas Klaer

„Damals wurden in ganz Preußen viele Kirchen abgerissen. Einem königlichen Erlass zufolge musste an ihrer Stelle aber immer ein Kreuz oder ein Mahnmal errichtet werden, um den Ort vor ,Profanation’ zu schützen“, sagt der Vereinsvorsitzende.

Im Gegensatz zum Sockel wurde das Kreuz, das auf ihm thronte und auf vier Meter Höhe geschätzt wird, nicht aufgefunden. Womöglich wurde es ebenfalls nach dem Zweiten Weltkrieg als Baumaterial verwendet. Augenscheinlich hatten die Petzower das auch mit dem Sockel vor, ein großer Riss an der Seite und abgeplatzte Ecken zeugen davon. „Nach dem Krieg sollte ja ohnehin alles weg, was mit dem König oder den alten Gutsherren irgendwie in Verbindung stand“, sagt Friedrich. Das Schloss selbst blieb zwar erhalten, ist aber nicht zu besichtigen, weil es verkauft und in Wohnungen aufgeteilt wurde.

Was es kosten wird, das neue Kreuz – möglichst wie einst aus Pirnaer Sandstein – aufstellen zu lassen, ist Karl-Heinz Friedrich zufolge derzeit unklar. 2018 sollen die Untersuchungen dazu starten. Danach will der Verein erneut Spenden und Fördermittel einwerben, um einen Teil der Ortsgeschichte zu rekonstruieren.

Enrico Bellin

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