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Berlin: Pfand gibt es auch ohne Dose

Lücken im System: Die Verwertung wird kaum kontrolliert – nur zwei Prüfer für 7000 Verkaufsstellen

Das neue Pfand auf Dosen und Einwegflaschen birgt offenbar viele Schlupflöcher und wird kaum kontrolliert. Um die 7000 Berliner Verkaufsstellen zu überprüfen, gibt es gegenwärtig nur zwei Mitarbeiter, sagte Peer Hannemann, Mitarbeiter der Senatsumweltverwaltung. Seit Einführung der Pfandpflicht haben die Kontrolleure erst zehn Händler aufgesucht. Beanstandet wurde das Pfandsystem der Supermarktkette Plus. Dort konnten Kunden ihr Pfandgeld zurückerhalten, ohne leere Dosen und Flaschen abzuliefern. Plus kündigte inzwischen an, diese Praxis zu ändern.

Die Kontrolleure für das Pfandsystem – angekündigt waren 20 – sollen eigentlich aus dem Personalüberhang des Landes rekrutiert werden. Wann das realisiert werden könne, sei noch offen, sagte der Leiter abfallwirtschaftliche Planung, Peter Krüger-Pammin. Bislang könnte nur stichprobenweise festgestellt werden, ob das Pflichtpfand erhoben wird. Bei vielen Imbissbuden ist das bisher nicht der Fall, wie Testkäufe des Tagesspiegels ergaben.

Besonders problematisch ist die Entsorgung: Jeder Händler muss theoretisch die zurückgebrachten Einwegverpackungen recyceln lassen – doch eine Kontrolle fehlt gänzlich. Die Bereitschaft, dafür Geld auszugeben, schätzt Jan Holzweißig vom Gesamtverband des Berliner Einzelhandels auch als „sehr gering“ ein. Der Gesamtverband empfiehlt seinen Mitgliedern drei Entsorgungsunternehmen: Die „Berliner Recycling-Service“, eine Tochterfirma der BSR, den Entsorger Alba und eine namentlich nicht genannte Firma, die angeblich umsonst entsorgt. Nach Darstellung von Holzweißig arbeiten alle drei Firmen „absolut seriös“. Recycling-Experten zweifeln allerdings an einer unentgeltlichen Entsorgung. Eine korrekte Wiederverwertung sei kaum möglich, ohne dem Händler die Kosten in Rechnung zu stellen.

Das Recyclingunternehmen Alba entsorgt nach eigenen Angaben das Einweggut von 700 Supermarktfilialen in Berlin. Dabei wird das Material in zentralen Lagern gesammelt und dann in Recyclinganlagen verfrachtet. Kleine Händler können ihr Leergut selbst zu sechs Annahmestellen bringen, die über die Stadt verteilt sind. Ob sie das auch tun, ist ihre Sache. Einen finanziellen Anreiz gibt es nicht.

Ursprünglich sollte das Pfandsystem deutschlandweit und zentral organisiert werden. Dabei wäre das Pfandgeld vom Verpackungshersteller erhoben und bis zum Entsorger durchgereicht worden. Händler und Verbraucher wären nur ein Teil der Pfandkette und hätten damit einen Anreiz, das Leergut ordnungsgemäß zurückzubringen. „Im Moment zahlt der Handel die Entsorgungskosten“, sagt Holzweißig. Er schließt nicht aus, dass deshalb die Getränkepreise bald steigen. Profitieren kann der Händler momentan nur, wenn sein Kunde zu faul ist, die Einwegdosen und -flaschen zurückzubringen. Das Pfand bleibt dann einfach in der Kasse.

Solange der Grüne Punkt auf den Verpackungen prangt, dürfen sie noch in die Gelbe Tonne geworfen werden. Langfristig rechnet das Duale System aber mit erheblich weniger Verpackungsaufkommen. Von den 400 000 Tonnen Wertstoffen, die jedes Jahr in Berlin in die Gelben Tonnen geworfen werden, würde etwa 25 Prozent wegfallen, schätzt der Berliner Entsorger DASS. Besonders bei Flaschen und Dosen wird das Aufkommen stark sinken.

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