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Berlin: Pferdepalast am Potsdamer Platz

Wenn er fällt, dann schreit er. Aber ein echter Kosake fällt selten vom Pferd, er windet sich nur unter dem Pferdebauch entlang: Der Zirkus ist in der Stadt.

Wenn er fällt, dann schreit er. Aber ein echter Kosake fällt selten vom Pferd, er windet sich nur unter dem Pferdebauch entlang: Der Zirkus ist in der Stadt. Besser gesagt, ein geheimnisvolles Fantasy-Musical. An der Info-Box hat sich fahrendes Volk niedergelassen. Überall Wohnwagen, stolze Kosaken, dunkle Schönheiten mit Haut wie Milch und Honig. Das kleinste Pferd der Welt, so groß wie ein ausgewachsener Pit Bull, bleckt fröhlich sein Gebiss. Es duftet nach frischen Sägespänen und Heu. Draußen ist es dunkel geworden, und das weiße Zirkuszelt leuchtet schon von weitem. Die 59 großen Brüder des kleinsten Pferdes der Welt scharren ungeduldig mit den Hufen. Das schaulustige Publikum strömt voller Erwartung auf Menschen, Tiere, Sensationen aus der U-Bahn. Drei Stunden später werden die Mädchen im besten "Wendy"-Alter den nächsten Weihnachtswunschzettel schreiben: Striegel, Hufkratzer, ein Töpfchen Sattelfett und "Zauberwald"-CD. Noch blicken sie mit glänzenden Augen auf die Manege. In der Pause tropft dem achtjährigen Oliver sein Eis auf den Schlips. Mit Pferden hat er nicht viel am Hut. Er ist auf der Seite von Joey, dem guten Helden. "Das Gute", sagt er, "wird ganz sicher über das Böse siegen." Die weißen Hengste also über die schwarzen. Fantasie (Schimmel) über graue, fiese Einfallslosigkeit (pechschwarzer Friese). Der "Zauberwald" unter der Regie von Franz Althoff wäre damit abgeholzt, wenn nicht die Stunts der Artisten, Dompteure und Pferdeflüsterer wären, die feuchte Hände machen. Wenn nicht die Kosaken wären, die vorwärts und rückwärts auf den Pferden sitzen und so heftig galoppieren, dass den Leuten in der ersten Reihe die Sägespäne auf den Schoß springen. Wenn die Tiere nicht einfach so mir nichts, dir nichts auf den Hinterhufen stehen blieben. "Fünfzig Jahre habe ich gebraucht, um die Sprache der Pferde zu verstehen", sagt Franz Althoff. Mit Pferden und Crew will er noch ein Jahr in Deutschland gastieren, dann geht es auf große Europatournee. In Hamburg feierte "Der Zauberwald Teil 2" bereits große Erfolge. Der Zirkusdirektor hat in letzter Minute seine Pferdchen ins Trockene gebracht: Der Zeltplatz war noch bis vorgestern eine Schlammgrube, im Vorzelt stand das Wasser. Dort kann man sich jetzt für zehn Mark mit dem kleinsten Pferd fotografieren lassen, dort sitzt auch der Filmproduzent Atze Brauner auf einem Campingstuhl und wartet vergeblich auf seine Begleitung. Die Umziehartistin, die innerhalb von Sekunden ihre Oberbekleidung sieben Mal wechseln kann, hat es ihm angetan. "Ich bin nur froh, dass ich nicht mit der verheiratet bin, die bräuchte ständig neue Kleider." Die blonde Tina Althoff verkörpert übrigens im "Zauberwald", in dem kein einziger Baum vorkommt, überzeugend das Böse. "Gott sei Dank", seufzt ein kleines Mädchen erleichtert, als die "Höllenfürstin" zum Schluss in eine lebendige Ziege verzaubert wird.Karten für 25 bis 75 Mark sind unter Tel. 0180-531 15 15 oder an den Kassen des Pferde-Palastes zu bekommen. Vorstellungen täglich außer montags um 20 Uhr, mittwochs, freitags und samstags auch um 16 Uhr, sonntags um 14.30 sowie 18 Uhr.

oom

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