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Pflügers Parteifreunde: Kein Mitleid mit dem Gescheiterten

Selbst Vertraute können sich Pflügers Verhalten nicht erklären und wollen zur Sacharbeit zurückkehren.

Von Sabine Beikler

Es gab in Berlin wohl noch keinen Politiker, der sich sehenden Auges so mit geballter Kraft aus dem Amt prügeln ließ wie Friedbert Pflüger. Entsprechend entsetzt sind die Reaktionen seiner engsten Vertrauten und Parteifreunde: „Man weiß einfach nicht mehr, was er in der nächsten halben Stunde macht“, sagte einer gestern Nachmittag. Ein anderer Führungsmann der Union sprach von einer „menschlichen Katastrophe“.

Man habe nach dem Krisentreffen Sonntagnacht mit Parteichef Ingo Schmitt und den Kreisvorsitzenden noch mit vielen Parteifreunden telefoniert. Hätte sich Pflüger auf den Kompromiss eingelassen, seine Kandidatur zum Parteivorsitz zurückzuziehen, wäre er zwar angeschlagen gewesen, „doch hätte er noch unsere Unterstützung gehabt“, hieß es. Jetzt rückten auch Pflügers letzte Vertraute von ihm ab. „Wir verstehen ihn nicht mehr. Es ist ein Superchaos, in das er die Partei wirft“, sagte ein CDU-Mann. Aber wie soll es weiter gehen?

Sollte der konservative Innenpolitiker Frank Henkel am Donnerstag CDU-Fraktionschef werden, fordern einige Unionspolitiker eine „liberale Ergänzung“ an der Parteispitze – und meinen damit nicht Ingo Schmitt, sondern den Pankower Kreisvorsitzenden Peter Kurth. Schmitt habe, im Gegensatz zu Kurth, „keinen inhaltlichen Anspruch“. Unabhängig davon soll sich Schmitt intern dahingehend geäußert haben, dass er nicht am Parteivorsitz hänge. Offiziell aber hat sich Schmitt zu seinen weiteren Ambitionen im Landesverband noch nicht geäußert. Auch Peter Kurth hält sich bislang offiziell bedeckt. Doch deutet bisher nichts darauf hin, dass der frühere Finanzsenator nach seinen eigenen schlechten Erfahrungen in der Berliner CDU für den Parteivorsitz zur Verfügung stehen könnte. Und dass nach dem Imageschaden für die CDU jetzt noch ein namhafter Kandidat von außen gefunden wird, daran glaubt in der Berliner Union niemand mehr.

„Jetzt müssen die fähigen Köpfe in der Gesamtberliner CDU unabhängig von Kreisverbandsproporz und Mehrheiten stark eingebunden werden. Die CDU kann es sich nicht leisten, Spitzenköpfe am Rand stehen zu lassen. Es wird schwer genug werden, das Vertrauen wieder zurückzugewinnen. Die letzten Wochen haben der CDU und ihrem Erscheinungsbild schwer geschadet“, sagte der Marzahn-Hellersdorfer CDU-Kreisvorsitzende und Abgeordnete Mario Czaja. Er war ein Unterstützer von Pflüger, mochte sich über diesen gestern aber nicht weiter äußern.

Czaja forderte einen „inhaltlichen Erneuerungsprozess“ mit einer klaren Schwerpunktsetzung auf die Kernthemen Bildung, Wirtschaft und Integration. Ohne mit einem Wort auf Pflügers Versuch einzugehen, die CDU zu einer modernen Großstadtpartei zu machen, sagte Czaja, dass „das bislang Erreichte nicht aufgegeben werden darf“. Die innerparteilichen Auseinandersetzungen hätten in der letzten Zeit völlig abgelenkt von einer Auseinandersetzung mit Rot-Rot.

Der CDU-Kreischef von Treptow-Köpenick, Fritz Niedergesäß, sagte ebenfalls, dass die Partei sich jetzt auf inhaltliche Themen konzentrieren müsse. Rund 2500 Mitglieder hat die 12 500 Mitglieder starke Union im Ostteil der Stadt, darunter rund 800 in Pankow, 560 in Treptow-Köpenick, 400 in Marzahn-Hellersdorf, je 250 in Lichtenberg und Mitte und 200 in Friedrichshain. In den Umfragen lag die CDU in Berlin zuletzt bei 21 Prozent – im Ostteil bei rund 15 Prozent, im Westteil bei knapp 30 Prozent. Dass diese Werte auch noch weiter fallen können, ist in der Union jedem klar. „Wir brauchen auf jeden Fall mehr Mitglieder“, sagte Niedergesäß. Nur ist diese CDU zurzeit alles andere als attraktiv für Neumitglieder.

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