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Berlin: Pionier der Programmkinos

Franz Stadler betreibt das Filmkunst 66 – jetzt feiert er dort 66. Geburtstag

Zehn Gebote hatte Billy Wilder sich gegeben, die ersten neun lauteten: „Du sollst nicht langweilen.“ Ein gutes Motto auch für einen Kinobetreiber, und wenn er seit Jahrzehnten Publikum für sein Programm findet, darf man mit Recht sagen: Gebot befolgt.

Jedem Kinobesucher wird einleuchten, dass einer wie Franz Stadler seinen 65. Geburtstag von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt verstreichen ließ und stattdessen auf den 66. setzt, den er unlängst beging. Mit seinem „Filmkunst 66“ in der Bleibtreustraße ist der einstige Pionier des Berliner Programmkinos längst eine Institution. Den Namen trägt das Lichtspieltheater seit 1966, und zudem sind es 33 Jahre, die Stadler das Haus betreibt – hinreichend Grund also, am Freitag zur „unterhaltsamen filmischen Reise durch die Kinogeschichte des Filmkunst 66“ zu bitten.

Totgesagte leben länger. Vor fünf Jahren sah es noch düster aus um das Haus in der Bleibtreustraße, dessen Vorgängerbau 1993 abgerissen worden war. 1995 wurde das Kino, integriert in ein neues Wohn- und Geschäftshaus, wiedereröffnet. Aber mit dem Boom der Cineplexe, dem Wandel des Kinomarktes war Stadlers Kalkulation ins Rutschen geraten. Die Besucherzahlen schrumpften, auch die Werbeeinnahmen brachen weg – Anfang 2000 verkaufte Stadler an die Münchner Kinowelt Medien AG und zog einige Monate danach nach Sylt, um für den damals auch im Kinobetrieb aktiven Filmverleih ein neues Inselkino aufzubauen.

Es wurde ein Ausflug von nur einem halben Jahr. Kinowelt kam in wirtschaftliche Turbulenzen, stieß seine Filmtheater ab, und so kehrte Stadler mit seiner Frau Rosemarie wieder zurück, erwarb das alte Haus aufs Neue und betreibt es seither mit steigendem Erfolg. Die erste Neugier des Publikums auf die Multiplexe sei erlahmt, erklärt er. Es besinne sich wieder auf die Qualitäten des traditionellen Kinos, eines Hauses wie des Filmkunst 66 mit seinen zwei Sälen. 80 000 Besucher kamen 2005 zu Stadler, der stolz darauf ist, immer wieder einen guten Riecher für junge Regietalente bewiesen zu haben. John Carpenter oder Brian de Palma kann er nennen, den Thriller „L.A. Confidential“, den er sich in Cannes sicherte und der dann zwei Oscars bekam.

So traditionell das Ambiente des Hauses auch wirkt – die Technik ist nicht von gestern. Seit einem Jahr kann Stadler auch digitales Kino bieten, hat sich so neue Programmbereiche erschlossen, eine demnächst startende Reihe zu Oper und Ballett etwa, oder Klassiker, von denen es kaum noch Kopien gibt. Hauptsache, es ist nicht langweilig.

Der Doppelgeburtstag „33 Jahre Filmkunst 66 – 66 Jahre Franz Stadler“ wird am 3. November, 19.30 Uhr, im Filmkunst 66, Bleibtreustraße 12, Tel. 882 17 53, gefeiert. Der Eintritt kostet 6,60 Euro.

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