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Berlin: Plädoyer für die Leistung

Vor 15 Monaten erregte die PisaStudie über die schulischen Leistungen der Fünfzehnjährigen in Europa Aufsehen. Die Studie maß schulformübergreifend die Leistungen in Lesekompetenz, mathematischer Kompetenz und naturwissenschaftlicher Kompetenz.

Vor 15 Monaten erregte die PisaStudie über die schulischen Leistungen der Fünfzehnjährigen in Europa Aufsehen. Die Studie maß schulformübergreifend die Leistungen in Lesekompetenz, mathematischer Kompetenz und naturwissenschaftlicher Kompetenz. Nach dem Ergebnis der Studie nahm Deutschland lediglich eine Position im unteren Mittelfeld ein. Skandinavische, amerikanische, britische und französische Schüler schnitten deutlich besser ab.

In Deutschland lagen Bayern und Baden-Württemberg an der Spitze, die Schlusslichter bildeten Bremen und Brandenburg. Berlin und Hamburg wurden nicht gewertet, weil die Beteiligung zu gering war. Die ehemalige Schulsenatorin Sybille Volkholz schrieb dazu im Tagesspiegel: „In Hamburg war ein teilweise organisierter Boykott notwendig, um die Untersuchung ernsthaft zu behindern. In Berlin reichte die normale organisierte Verantwortungslosigkeit im System, um das Unternehmen scheitern zu lassen.“ Nach dem, was inoffiziell bekannt wurde, lag Berlin leistungsmäßig weit näher an Bremen und Brandenburg als an Bayern und Baden-Württemberg.

Finanzsenator Thilo Sarrazin sagt, das mäßige Leistungsniveau der Berliner Schulen liege nicht an fehlenden Finanzmitteln. Die Ausgaben für allgemein bildende Schulen lagen 2001 in Berlin je Schüler um 18 Prozent über dem Bundesdurchschnitt. Ohne die Ausgaben für die Schulverwaltung, die in Berlin besonders hoch sind, wurde der Bundesdurchschnitt um 9 Prozent überschritten. Berlin gab 2001 für seine allgemeinbildenden Schulen 270 Millionen Euro mehr aus als der Bundesdurchschnitt.

Bezogen auf die Zahl der Schüler hatte Berlin 2001 nach einer Statistik der Kultusministerkonferenz 14 Prozent mehr Lehrer als der Bundesdurchschnitt. In Berlin kamen 15,4 Schüler auf eine Vollzeitlehrer-Einheit, in den Pisa-Spitzenländern Bayern und Baden-Württemberg waren es dagegen 18 bzw. 17 Schüler. Ohne diese Mehrausgaben, rechnet Finanzsenator Thilo Sarrazin vor, hätte Berlin – seit 1990 betrachtet – 4,8 Milliarden Euro weniger Schulden und müsste jährlich 240 Millionen Euro weniger Zinsen zahlen.

Berlin müsse die Leistung an den Schulen verbessern und dürfe dafür nicht mehr Lehrerstunden einsetzen als der bundesdeutsche Durchschnitt, sagt Sarrazin. Leistungsmessung und Leistungsvergleich seien aber an vielen Berliner Schulen verpönt. Auch die in den Jahrzehnten der Teilung geprägte Grundmentalität vieler Eltern werde sich ändern müssen. Dabei machen die soziologischen Umbrüche der Stadt die Aufgabe nicht einfacher: Seit 1991 ist die Zahl der Ehepaare mit Kindern unter 18 Jahren um 30 Prozent gesunken, während die Zahl der Alleinerziehenden und Lebensgemeinschaften mit Kindern um 24 Prozent stieg. 20 Prozent der Berliner Familien mit Kindern beziehen heute Arbeitslosenunterstützung oder Sozialhilfe. Gutverdienende Mittelschichten mit Kindern wandern ins Umland ab.

Zur Sicherung des Leistungsniveaus und zur sozialen Stabilisierung braucht Berlin die flächendeckende Ganztagsschule dringender als jedes andere Bundesland. Nach Ansicht des Finanzsenators ist das keine Geld-, sondern eine Organisationsfrage: Im Ausland sei die ganztätige Anwesenheitspflicht der Lehrer in der Schule eine Selbstverständlichkeit. In Ländern wie Finnland, Schweden, Frankreich oder England – allesamt reicher als Berlin – koste die flächendeckende Ganztagsschule pro Schüler weniger als in Deutschland die Halbtagsschule, und noch größer sei der Abstand gegenüber den hohen Kosten in Berlin.

Die Bildungsreform müsse deshalb zwei Elemente haben: Kosten senken und Leistung steigern. Tsp

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