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Pläne beerdigt: Uni-Campus statt Riesenrad

Das Riesenrad am Zoo wird eine Idee bleiben. Die Finanzverwaltung gewährt dem Pleiteprojekt keine Galgenfrist. SPD und Grüne haben neue Pläne für das Grundstück.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Die Pläne für ein Riesenrad am Zoologischen Garten werden endgültig zu den Akten gelegt. Spätestens am 30. Oktober 2011 hätte das spektakuläre Bauvorhaben fertig sein müssen. So steht es im Vertrag zwischen dem landeseigenen Liegenschaftsfonds und der Projektgesellschaft „Great Berlin Wheel“, die das 12 850 Quadratmeter große Grundstück an der Charlottenburger Hertzallee im Januar 2007 kaufte. Bis heute gibt es nicht einmal eine Baugrube. „Eine Fristverlängerung für die Realisierung des Aussichtsrads wurde dem Grundstückseigentümer nicht gewährt“, teilte die Finanzbehörde jetzt auf Anfrage mit.

Laut Vertrag muss der Senat trotzdem neun Monate warten, bis er das Grundstück zurückkaufen darf. Diese ehemals vereinbarte Nachfrist werde dem Eigentümer „nun unter Androhung des Rücktritts“ vom Kaufvertrag gesetzt, so die Finanzverwaltung. Der Geschäftsführer von „Great Berlin Wheel“, Michael Waiser, gibt sich ahnungslos. „Mir wurde das nicht mitgeteilt.“ Zu weiteren Auskünften war er nicht bereit.

SPD und Grüne in Charlottenburg-Wilmersdorf schmieden bereits Pläne für eine Nachnutzung des Areals. Es soll „der Weiterentwicklung des Hochschulstandorts“ dienen, steht in der Vereinbarung von Rot-Grün für eine gemeinsame Bezirkspolitik bis 2016. Das Grundstück würde gut in den städtebaulichen Rahmenplan für einen Campus der Technischen Universität (TU) und der Universität der Künste (UdK) hineinpassen, der mit der City-West und benachbarten Unternehmen der Technik- und Kreativbranche vernetzt werden soll. Vor allem die TU vertrat von Anfang an die Meinung, dass ein 175 Meter hohes Riesenrad als Touristenattraktion den Plänen für einen Campus Charlottenburg schadet.

Allerdings wird es noch dauern, bis die brachliegende Immobilie neu genutzt werden kann. Erst muss der zuständige Bezirk Mitte einen neuen Bebauungsplan aufstellen. Das könnte bis Ende 2013 dauern. Und der Senat muss Geld locker machen, um das Riesenrad-Grundstück zurückzukaufen. Vom Kaufpreis (25 Millionen Euro) wird die Projektgesellschaft wohl nur einen Bruchteil zurückbekommen. Denn Berlin könne „Schadensersatz und den Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangen“, teilte die Finanzverwaltung mit. „Darunter fallen unter anderem die Kosten für die Verlagerung des Zoo-Wirtschaftshofes.“ Allein der Abbruch des alten Hofes, der dem virtuellen Riesenrad im Wege stand, und der anschließende Neubau haben das Land Berlin über 18 Millionen Euro gekostet.

Der einstige Geldgeber für den Bau von Aussichtsrädern in Berlin, Peking und Orlando, der Global View Fonds in Frankfurt/Main, ist längst insolvent, die Fondsgesellschaft wurde liquidiert. Rund 10 000 Kleinanleger, die 208 Millionen Euro einbrachten, bekamen über einen Vergleich nur 60 Prozent ihrer Kapitaleinlagen zurück. Etwa 150 Anleger klagen noch auf Schadensersatz. Gegen drei ehemalige Projektmanager, darunter der Berliner Geschäftsführer Waiser, ermittelt die Staatsanwaltschaft Berlin seit eineinhalb Jahren wegen des Verdachts der Untreue. Ulrich Zawatla-Gerlach

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