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Kontrastprogramm. Das RAW-Areal ist bei Partygängern, Touristen und Kreativen beliebt. Es ist allerdings auch ein Kriminalitätsschwerpunkt.

© Paul Zinken / dpa

Pläne fürs RAW-Gelände in Friedrichshain: Mit Beton gegen Drogen

Der Investor verhandelt Baupläne fürs RAW-Gelände in einer Werkstatt - unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Für manche Ideen müsste einiges abgerissen werden.

Still und heimlich geht es weiter mit der Vorbereitung von Bauplänen für das RAW-Gelände in Friedrichshain. Zu einer "Werkstatt" lud vor wenigen Tagen die Agentur "Stöbe Kommunikation", die jüngst durch ihr Versprechen auffiel, unbequeme Bürgerinitiativen in investorengenehme Richtung lenken zu können. Ist eine der Strategien, Bauplänen im kleinen Kreis den Weg zu ebnen, wie das Geheimtreffen nahezulegen scheint?

Dann gilt jetzt die Wette: Gelingt das Auftürmen einer Bruttogeschossfläche von geschätzten 100 000 bis 120 000 Quadratmetern auf einer von Skatern und Kletterern bevölkerten, von Clubgängern und Musikern, Künstlern und Zirkusleuten sowie etlichen Besuchern belebten Industriebrache durch gewieftes Netzwerken?

Ein Entwurf sieht ein Hochhaus auf dem RAW-Gelände vor

Baustadtrat Hans Panhoff war bei der Werkstatt mit von der Partie. "Erste Überlegungen" nennt er die vorgestellten Entwürfe der Architekten und Stadtplaner Jahn, Mack und Partner. "Vorbereitungen" seien es für ein Bebauungsplanverfahren, während dem sich erfahrungsgemäß immer noch viel ändere. Von dem Hochhaus, das in einem der beiden Szenarien am Rande des Areals emporragt, halte er nicht viel. Es diene gleichsam als Kompensation für die auf dem übrigen Areal luftigere Bebauung: "Dann muss man eben irgendwo in die Höhe gehen."

So oder so ähnlich könnte die Bebauung aussehen (Klick aufs Bild für Legende).
So oder so ähnlich könnte die Bebauung aussehen (Klick aufs Bild für Legende).

© TSP/Bartel

Eigentümer des RAW-Areals ist die Kurth-Gruppe aus Göttingen. Diese wollte sich auf Anfrage nicht zu den Ergebnissen der Werkstatt äußern. Panhoff sagt über die Firma: "Bei keinem der bisherigen Grundstückseigentümer standen die Chancen auf eine vernünftige Lösung so gut wie bei diesem." Dem Vernehmen nach stehen die Pläne der Architekten in der kommenden Woche auf der Agenda der Bezirksverordnetenversammlung.

Investoren wollen Bauvolumen von 120 000 Quadratmetern

Mitdiskutieren wird dann auch Carsten Joost, Bürgerdeputierter für die Piraten im Stadtentwicklungsausschuss des Bezirks. Den einen Entwurf nennt er die "böse Variante", weil dabei "ein großer Teil des Ensembles" abgerissen würde; verschwinden würden dann die Clubs "Astra", "Suicide Circus" und das "Urban Spree"-Projekt, eine Galerie mit Biergarten und, Achtung: Kampfsport im Obergeschoss.

"Geschockt" seien viele vom Bauvolumen gewesen, das in der Werkstatt vorgestellt wurde. Dass gar nicht erst über größere Grünflächen nachgedacht werde, werde häufiger mit dem Schutz vor Dealern und Kleinkriminellen begründet. Dass der Bau von rund 120 000 Quadratmetern erforderlich sei, "um Wirtschaftlichkeit herzustellen", sei wiederholt aus Bauträger-Kreisen zu hören gewesen.

Bezirk plant Runden Tisch mit Vereinen und Künstlern

Wie es nun mit dem RAW-Gelände weitergehen soll? "Ich habe den Auftrag von der Bezirksverordnetenversammlung, einen runden Tisch einzuberufen", sagt Panhoff. Was auf dem Gebiet gebaut werden soll, wird dabei keine Rolle spielen. Verhandelt werde vielmehr die Art und Dauer der Mietverträge der Vereine, Gesellschaften, Künstler, Skater, Zirkusleute und Clubs im sogenannten "Soziokulturellen L". Das sind die denkmalgeschützten Altbauten an der Revaler Straße. Der Bezirk finanziert den runden Tisch selbst. Und Panhoff stapelt erst mal tief: "Wenn es dazu beiträgt, die Spannungen zwischen den Nutzern und dem Grundeigentümer rauszunehmen, ist schon viel erreicht."

RAW-Netzwerker: Keine Planungssicherheit

Dabei wählt Olaf Schenkenberg seine Worte mit Bedacht. Er gehört zum Netzwerk der etwa 60 Einzelprojekte in den vier Gebäuden an der Revaler Straße. Für den Betreiber des Kinderzirkus Zack ist es ein Balanceakt, weder die eigenen Interessen und die seiner Gleichgesinnten zu verraten noch den Grundeigentümer zu brüskieren. In der Werkstatt seien Stimmen zu hören gewesen, wonach „enorm viel Fläche“ auf dem Areal untergebracht werden solle, und auch die Sorge, das "Soziokulturelle L" könne davon erdrückt werden. Doch der Städtebau ist nicht seine größte Sorge, sondern die Mietverträge. Diese gelten erst mal nur fünf Jahre. Planungssicherheit gibt das nicht.

Nicht nur Baupläne, sondern auch Kleinkriminelle bringen das RAW-Gelände und die Warschauer Brücke immer wieder in die Diskussion: 130 Körperverletzungen und 25 Raubtaten zählte die Polizei im vergangenen halben Jahr, außerdem 473 "Eigentumsdelikte". Der Bezirk reagierte, sorgte für mehr Licht an der Warschauer Straße bei den Fahrradständern und ersetzte an der Revaler Straße die Autostellplätze durch Abstellflächen für Fahrräder, "um die Sichtbarkeit zu verbessern", wie Panhoff sagt.

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