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Berlin: Plattenbau: Kommen Sie doch herein!

Familie Bohlmann hat sich daran gewöhnt. Genau zwölf Jahre wohnt das Paar mit den beiden Kindern jetzt schon am östlichen Rand von Hellersdorf.

Familie Bohlmann hat sich daran gewöhnt. Genau zwölf Jahre wohnt das Paar mit den beiden Kindern jetzt schon am östlichen Rand von Hellersdorf. "Wir wollen hier auch nicht mehr weg", sagt Sabine Bohlmann. "Jetzt erst recht nicht", fügt ihr Mann hinzu. Beide lächeln sich an. Und dann zeigen sie stolz ihre Wohnung. Noch vor wenigen Monaten wäre eine Besichtigung kürzer ausgefallen. Denn statt der 68 Quadratmeter können die vier Personen jetzt 114 Quadratmeter nutzen. Aus ihrer Drei- wurde nach der umfangreichen Sanierung eine Fünfzimmerwohnung.

Die Wand zum einstigen Nachbarn gibt es nicht mehr, dafür viel Platz. Wo sich das schmale, fensterlose Bad befand, entstand eine helle, weiträumige Diele. Das Wohnzimmer des Vormieters wurde zum Schlafraum umfunktioniert, daneben ein Gästezimmer eingerichtet, und in der alten Küche werden Bohlmanns künftig duschen. Das ist der einzige Raum, der noch nicht genutzt wird. "Wir konnten uns ewig nicht einigen, wollten dort erst eine zweite Toilette installieren", erklärt Sabine Bohlmann. Auch ihre Söhne, elf und 13 Jahre alt, haben jetzt ihre eigenen Bereiche. Es sei ein schönes Gefühl, so viele Zimmer zu haben, und natürlich die zwei Balkone. "Die Plattenbauten sind eben flexibel", sagt Familienvater Axel Bohlmann. Er weiß das aus eigener Berufserfahrung, schließlich arbeitet der 37-Jährige als Polier auf dem Bau. Es war auch seine Idee, bei der Wohnungsbaugesellschaft Hellersdorf um die Zusammenlegung der Nachbarwohnungen zu werben. Obwohl man ihm anfangs sehr skeptisch begegnete, sei die Gesellschaft doch einverstanden gewesen. Und wenn Sabine und Axel Bohlmann jetzt in ihrem neu eingerichteten Wohnzimmer sitzen, sind sie rundum zufrieden, und die vorangegangenen Strapazen rund um die Sanierung scheinen vergessen.

Aber die Bohlmanns ärgern sich auch über abfällige Äußerungen von Leuten, die wahrscheinlich noch nie in Hellersdorf waren. "Langweilig und eintönig sind die Häuser inzwischen wirklich nicht mehr", sagt Sabine Bohlmann. Obwohl sie vor ein paar Jahren auch einmal den Traum vom Eigenheim hatten, sind sie froh, geblieben zu sein. "Die Wohnung können wir jedenfalls bezahlen und trotzdem jedes Jahr verreisen", betonen beide. Genau 1225 Mark Warmmiete müssen die Krankenschwester und der gelernte Maurer monatlich zahlen.

Manchmal klingeln fremde Anwohner bei Bohlmanns und wollen die "Riesenwohnung" besichtigen. Viel Zeit bleibt den berufstätigen Eheleuten nicht für ausgedehnte Spaziergänge. Aber manchmal zieht es sie doch an den naheliegenden Schleipfuhl, oder sie laufen durch die neugestalteten Wohnhöfe. In ihrem Viertel hat sich nach der Sanierung viel verändert. So legte die Wohnungsbaugesellschaft Hellersdorf beispielsweise 25 neue Mietergärten an. Außerdem erhielten die Sechsgeschosser Fahrstühle, die in pastellfarbenen Vorbauten an der Fassade erscheinen. Das ist aber kein Einzelfall in Hellersdorf.

"In unserem Bestand von rund 20 000 Wohnungen gibt es mittlerweile keine unsanierten Quartiere mehr", verkündet die Pressesprecherin des Unternehmens, Dagmar Neidigk. So sei etwa die Hälfte komplett erneuert, die anderen teilsaniert. Der Leerstand betrage durchschnittlich zehn Prozent. Deshalb versucht die Wohnungsbaugesellschaft mit mehreren Aktionen, Bewohner zu gewinnen. Unter dem Motto: "Mieter werben Mieter" kann sich jeder selbst seinen Nachbarn suchen.

Kommt es zum Abschluss eines Mietvertrages, erhält der "Werber" 1000 Mark. Dann gibt es noch den "Kraxelbonus". Damit sollen die Wohnungen in den oberen Etagen solcher Häuser vergeben werden, die über keinen Fahrstuhl verfügen. "Wer in die fünfte Etage zieht, dem erlassen wir fünf Nettokaltmieten, in der sechsten sind es sechs", sagt Dagmar Neidigk. Mieterumfragen haben immer wieder ergeben, dass die Leute gern in den Plattenbauten am Stadtrand wohnen. Das hat gute Gründe. Neben dem Komfort und der bezahlbaren Miete spricht noch anderes für die Gegend: gute Einkaufsmöglichkeiten, günstige Verkehrsanbindungen und die höhere Lebensqualität durch das viele Grün drumherum.

Steffi Bey

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