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Anwohnerdebatte: Gegen die Raserei am Nollendorfplatz

Im Rahmen unserer Serie "Platz da!" haben Anwohner des Nollendorfplatzes über Verbesserungen in ihrem Kiez diskutiert - ausgehend von einem Entwurf, den TU-Studentinnen vorstellten.

Viele Anwohner am Nollendorfplatz sind genervt. Sie wollen endlich den Lärm der durch den Kiez bretternden Autos weghaben. Dazu gab es bei der Diskussion des Tagesspiegels am Freitag im Goya in Schöneberg viele Ideen, die den „Nolle" und den Kiez drumherum lebenswerter machen sollen.

Rund fünfzig Gäste schauten sich die Konzepte der beiden Studentinnen Janine Teßmer und Janika Schmidt von der Technischen Universität an, die sie unter der Leitung von Landschaftsarchitektin Astrid Zimmermann entworfen hatten und die im Tagesspiegel als letzte Folge unserer Serie „Platz da!“ vorgestellt wurden. Favorit der Anwohner war Schmidts radikaleres Konzept. Es lässt die Autos im Kreisverkehr um den U-Bahnhof fahren und sperrt damit die Nord-Süd-Verbindung unter dem Bahnviadukt. „Wir müssen den Verkehr, der uns terrorisiert, in gelenkte Bahnen bringen", sagte Hubert Pelz von der Initiative „Lärmfreier Nolle". Der kostenintensive Entwurf war allerdings eher als Anregung für die Debatte zu verstehen. Als Ansporn für Anwohner, Initiativen und Bezirkspolitiker, vor allem das Verkehrs- und Lärmproblem am Nollendorfplatz anzugehen.

Im Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg, das wie alle Bezirke kein Geld hat, sieht man das ähnlich. „Man muss mit kleinen Maßnahmen etwas bewirken", sagte Sibyll Klotz (Grüne), Stadträtin für Stadtentwicklung. Aus dem Verkehrsplatz müsse wieder ein Stadtplatz werden. „Aber nicht so glattgeleckt wie der Viktoria-Luise-Platz", sagte Klotz. Die trichterförmigen Enden von Else-Lasker-Schüler-Straße und Maaßenstraße sollten ähnlich rückgebaut werden wie an der Ecke Kleist-/Einemstraße. Dort ist nun eine Betonfläche mit einigen Bäumen. Im August beginne, so plant Klotz, ein Dialog mit Anwohnern und Interessensgruppen über die Zukunft des Kiezes von Nollendorfplatz über Maaßenstraße und Motzstraße bis Winterfeldtplatz. Auch der Bereich westlich des „Nolle" soll sich verändern, beispielsweise die Aufenthaltsqualität unterm Bahnviadukt verbessert werden. EU-Fördermittel, um dort ebenfalls Gespräche mit Anwohnern zu starten, seien in diesem Jahr nicht bewilligt worden. Nun soll es 2013 klappen. Bei der Umsetzung will die Stadträtin private Investoren einbeziehen.

Viele Anwohner wissen bereits, was sie wollen. „In Motz- und Maaßenstraße müsste das Tempo-30-Limit einfach mal durchgesetzt werden", sagte Martina Schneider vom Geschäftsleute-Verein „Pink Schöneberg". Sabine Preußker, Anwohnerin und Mitglied der Piratenpartei, meldete sich aus dem Publikum zu Wort. Sie will mit Schwellen die Autofahrer zum Bremsen zwingen. Einen Antrag zur Beruhigung von Maaßen- und Winterfeldstraße habe sie in der Bezirksverordnetenversammlung eingebracht. Außerdem stört die Anwohner der jetzige Radweg in der Maaßenstraße. Weil der auf dem Gehweg verläuft, rempeln sich Radler, Fußgänger und Besucher der sich auf dem Trottoir ausbreitenden Restaurants an. Dabei geht der Trend in Berlin längst dahin, die Radspur auf die Straße zu pinseln. Das solle auch in der Maaßenstraße passieren, so die Forderung. Wenn die Radler auf der Straße führen, würde das auch die Autos verlangsamen. „Haben wir auf der Agenda“, sagte Klotz.

Einigkeit herrschte auch über die Zukunft des Parkplatzes vor dem Goya: Er hat keine. Die Autos sollen weg. Die Spielhalle dort müsse ebenfalls verschwinden, findet Stadtplaner Florian Mausbach, von 1995 bis 2009 Präsident des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung. Pflanzen müssten gepflegt, die Mittelinsel schöner gestaltet werden. Arbeitslose könnten sich um die Pflege kümmern, schlug Mausbach wagemutig vor. „Man muss die Gestaltung des öffentlichen Raums als etwas Besonderes betrachten“, sagte Mausbach. „Ich habe den Eindruck, dass man in Berlin Betonplätze schafft, weil die leichter zu pflegen sind", sagte Moderator Markus Hesselmann, Leiter des Berlin-Ressorts des Tagesspiegels. Er nannte noch den Gleisdreieck-Park, den Kaiser-Wilhelm-Platz und den Platz am Bahnhof Friedrichstraße als Beispiele.

Und dann kam in der sehr lebhaften Debatte noch eine ganz konkrete „kleine Maßnahme“ zur Sprache: Anwohner Rudolf Hampel kümmert sich selbst und bepflanzt eine Verkehrsinsel am „Nolle“. „Wir sollten darüber nachdenken, ob sich nicht jeder von uns um eine Ecke kümmert", schlug Hampel vor.

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