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Berlin: Platzeck verspricht Stasi-Opfern mehr Unterstützung

SPD-Politiker äußert sich zur Vergangenheitsdebatte Check der Richter auf MfS-Mitarbeit abgelehnt

Potsdam – Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) hat sich in die erneut zugespitzte Debatte um Versäumnisse im Umgang mit der SED-Diktatur eingeschaltet. Unmittelbar nach seiner Rückkehr aus dem Alpenurlaub in Tirol kündigte Platzeck an, Verbesserungen für Stasi-Opfer im Land prüfen zu lassen. Eine generelle Stasi-Überprüfung der Richterschaft lehnt der 57-jährige Regierungschef, der das Land seit 2002 regiert, strikt ab. In einem Gespräch mit dem Tagesspiegel sagte Platzeck, „wir wollen alles tun, um die Opfer, die bis heute an den Folgen der Diktatur leiden, besser zu betreuen“.

Dabei soll es konkret um jene Forderungen gehen, die die Diktaturbeauftragte Ulrike Poppe bereits vor einigen Wochen in einem Tagesspiegel-Interview äußerte. Dort hatte Poppe eine bessere Beratung von SED-Opfern, eine angemessene Förderung der Gedenkstätten wie dem „Lindenhotel“ in Potsdam sowie eine Landesentschädigung für vom SED-Regime verfolgte Schüler gefordert, bislang ohne offizielle Resonanz. Nun sagte Platzeck: „Wir werden alle Stichworte aufnehmen und sehr ernsthaft prüfen.“ Er habe bereits vor seinem Urlaub über die Problematik – für die im Übrigen in den Regierungsjahren von 1999 bis 2009 der CDU-Koalitionspartner zuständig gewesen sei – mit dem Bundeschef des Dachverbandes der SED-Opferverbände, Rainer Wagner, gesprochen. Gleichwohl begrüßte CDU-Generalsekretär Dieter Dombrowski die Ankündigung Platzecks, der damit „vielleicht auch motiviert durch seinen stasidurchsetzten Koalitionspartner, erstmals eine Gesamtverantwortung der Landesregierung für die SED-Diktatur erklärt“ habe.

Zum weiter eskalierten Streit um die Enquetekommission, Stasi-Überprüfungen und die Nachwende-Ära im Land mahnte Platzeck, dass sich „Aufarbeitung nicht von Abrechnungsgedanken leiten lassen“ dürfe. Zwar sei es eine „Sommerdebatte“, was zu „manchen Überspitzungen“ beitrage. „Ich wünsche mir dennoch, dass wir die Debatte mit Augenmaß führen, auch in der Wortwahl, und dass im Mittelpunkt steht, Erkenntnisse für die Zukunft zu gewinnen.“ Auf Nachfrage betonte er, dass dieses Petitum auch für die SPD selbst gelte, aus deren Reihen es unter anderem von Fraktionschef Ralf Holzschuher massive Angriffe auf die Enquete gegeben hatte. „So etwas gilt immer für alle Seiten“, sagte Platzeck nun. Er erinnerte daran, dass Brandenburg mit der Einsetzung einer Diktaturbeauftragten und der wieder aufgenommen Stasi-Überprüfung des Parlamentes „Schlussfolgerungen gezogen hat, um Fehler der Vergangenheit zu revidieren“.

Zuletzt hatte der Enquetegutachter und Stasi-Experte Christian Booß in einem offenen Brief an Platzeck über die Behinderung seiner Arbeit durch Regierung und Landesinstitutionen geklagt. Offene Briefe beantwortet Platzeck allerdings prinzipiell nicht, „weil sie sich an andere richten“. Der Kritik, dass Zuarbeiten für Gutachten spät und unzureichend erfolgen, gehe er nach.

Eine Stasi-Überprüfung der Richterschaft im Land, die nach der von Innenminister Dietmar Woidke (SPD) bei der Stasi-Unterlagenbehörde erwirkten Überprüfung von Schutzbereichschefs der Polizei verstärkt gefordert wird, lehnt Platzeck weiterhin ab. Die Situation von Polizei und Justiz sei nicht vergleichbar, sagte Platzeck, der damit Justizminister Volkmar Schöneburg (Linke) stützt. In der Polizei hätten neue Erkenntnisse über Belastungen dazu geführt, dass Woidke tätig geworden sei. In der Justiz gebe es „keine neuen Erkenntnisse“. Ein Generalverdacht sei nicht gerechtfertigt.

Platzeck verwies darauf, dass von 850 Richtern 13 vor 1989 mit der Stasi zu tun hatten, wobei neun davon ihren Wehrdienst im Stasi-Wachregiment „Feliks Dzierzynski“ abgeleistet hätten. Bei den den anderen vier seien die Lebensläufe vor der Richterwahl bekannt gewesen. Angesichts der Zahlen entbehrt für Platzeck der von Teilen der Opposition geschürte Eindruck jeder Grundlage, die Richterschaft Brandenburgs sei „durchsetzt“. Im Übrigen habe Brandenburg nach der Wende 43 Prozent der früheren DDR-Richter übernommen, „Sachsen aber 48 Prozent“.

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