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Berlin: Pleite zur Party - Das neue Berlin glänzt, doch die Große Koalition hat die alten Sorgen (Meinung)

Berlin strahlt und glänzt wie selten zuvor, jedenfalls dort, wo die Eintrittskarten teuer sind und die Gäste erlesen. Da wird gefeiert bis zum allmorgendlichen Kopfschmerz.

Berlin strahlt und glänzt wie selten zuvor, jedenfalls dort, wo die Eintrittskarten teuer sind und die Gäste erlesen. Da wird gefeiert bis zum allmorgendlichen Kopfschmerz. Berlin, die schmutzige Stadt, wird ganz schick, ganz neu, ganz wichtig. Wie störend wirkt da die Nachricht: Haushaltssperre verhängt! Ja, das hatte man fast schon vergessen: Berlin ist ziemlich pleite. Und man hatte es ganz gerne vergessen. Manche tun schon wieder so, als sei alles gar nicht so schlimm. Aber Haushaltszahlen haben die unangenehme Eigenschaft, sich von selbst in Erinnerung zu bringen.

Die Fortsetzung der Koalition zwischen CDU und SPD ist nur sinnvoll, wenn es einen gemeinsamen Willen zu konsequenter Haushaltspolitik gibt. Denn zu den alten Problemen ist noch eines hinzu gekommen: Der Länderfinanzausgleich wird neu geordnet, zu Lasten Berlins und noch zur Amtszeit des jetzt zu bildenden Senats. Das ist die Ausgangslage. CDU und SPD haben bei ihrem abermaligen Kennenlerntreff nach fast zehn Jahren des Regierens - hier genannt: Koalitionsverhandlung - dann auch schnell eine gemeinsame Erkenntnis vorgebracht: So geht es nicht weiter. Gemeint war allerdings nicht der Koalitionskrach oder das Geldausgeben; nein, gemeint ist das Tempo, mit dem die Neuverschuldung gekappt werden soll. Zu schnell geht das, haben die Verhandler befunden, und der Regierende Bürgermeister hat es Kraft seines Amtes bestätigt: nicht im Jahr 2006, wie bisher geplant, sondern erst drei Jahre später soll sich, wie es so schön heißt, "die Schere schließen" zwischen Einnahmen und Ausgaben. 2009 - das betrifft diesen Senat nicht mehr.

Ist das schon der Offenbarungseid? Das nun nicht. Die Einnahmesituation etwas zu entspannen, ist durchaus vertretbar. Das Vermögen des Landes, das verkauft werden kann, ist nicht unendlich. Bald sind die großen Brocken versilbert. Was dann? Auch andere Einnahmen werden spärlicher fließen, die Unternehmen müssen wegen der Steuerreform weniger zahlen. Und: Eine Stadt muss auch noch atmen können, soviel muss bleiben. Das zu erkennen, bedeutet nicht, sich in die Zukunft zu flüchten.

Aber es gibt andere, sehr bekannte, bedenkliche Zeichen. Sie zeigen einerseits die Hoffnung auf unkalkulierbare Einnahmen, andererseits den Unwillen, überflüssige Ausgaben zu kürzen. Diese Zeichen kommen vor allem - aber nicht nur - aus der CDU. Berühmt geworden ist der schon etwas ältere Satz aus den Reihen der Berliner Christdemokraten, der Bund werde der Stadt schon helfen, wenn erst die Obdachlosen auf der Treppe vor dem Reichstag campieren. Das kam beim Bund gar nicht gut an. Heute wird vorsichtiger gesprochen, aber genauso gedacht: Die CDU, so erklärte ihr Generalsekretär, hoffe auf einen "Hauptstadtbonus". Finanzminister Eichel wird sich hüten.

Die Ausgaben aber sind das eigentliche Problem. Die zu verringern - das wäre die Kernaufgabe dieses neuen Senats. Unter den Gießkannen gebefreudiger Senatoren ist in Jahrzehnten ein Dschungel gewachsen, der heute kaum zu durchdringen ist. Wer ihn mit der Machete betritt, muss damit rechnen, verschlungen zu werden. Der Fraktionsvorsitzende der Berliner CDU jedenfalls traut sich nicht richtig hinein und warnt mit einem Satz, der das ganze Dilemma auf den Punkt bringt: "Das Problem ist, welche Projekte dann sterben sollen." Wie wäre es mit der einen oder anderen Bauchtanzgruppe? Oder dem Töpferkurs? Ganz Berlin besteht aus Projekten: ein paar wenigen notwendigen, ein paar mehr zumindest vernünftigen - und einer unüberschaubaren Masse von kuriosen, überflüssigen, vergessenen "Projekten", die vermeintlich im Überfluss vorhandene Fördermittel "abschöpfen". Das Dumme ist nur: Hinter all diesen Projekten stehen "gesellschaftliche Gruppen", und vor denen haben die Koalitionäre Manschetten, manchmal sogar Angst. Ein Senat, der es wirklich ernst meinte, müsste diesen Dschungel mutig durchforsten.

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