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In der nächsten Bezirksverordnetenversammlung wird das Bezirksamt nur sehr ausgedünnt vertreten sein.

© Ingo Salmen

Plötzliche Notlage: Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf nur beschränkt arbeitsfähig

Da waren's nur noch zwei: Nach Bürgermeisterin Pohle haben sich auch die Stadträte Braun und Witt krank gemeldet. Die Folgen sind alles andere als trivial.

Das Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf ist derzeit nur beschränkt arbeitsfähig. Wie der Tagesspiegel erfuhr, sind drei von fünf Mitgliedern des Kollegiums für längere Zeit erkrankt. Das erschwert nicht nur Entscheidungen im Alltag, sondern gefährdet auch die Beschlussfähigkeit der Verwaltungsspitze in großen Fragen. Bezirksbürgermeisterin Dagmar Pohle (Linke) greift deshalb zu einer ungewöhnlichen Maßnahme.

Pohle ist selbst eigentlich nicht im Dienst. Anfang Dezember meldete sie sich für zwei Monate ab, um sich ein zweites künstliches Knie einsetzen zu lassen. Eigentlich sollte sie bis Ende Januar fehlen. Inzwischen wird sie erst Mitte Februar in der Verwaltung zurück erwartet.

Die Vertretung Pohles sollten in dieser Zeit ihr Vize-Bürgermeister Thomas Braun (AfD) in repräsentativen Angelegenheiten und Stadträtin Juliane Witt (Linke) in allen fachlichen Fragen übernehmen. Die 66-jährige Pohle ist neben der Leitung des Bezirksamtes als Stadträtin auch für die Bereiche Stadtentwicklung, Gesundheit, Personal und Finanzen zuständig.

Doch jetzt fallen beide Vertreter aus. Zuerst musste in der vergangenen Woche AfD-Stadtrat Braun dem Dienst fernbleiben. Der 63-Jährige war in der Vergangenheit dadurch aufgefallen, dass er schon mal wegen Reisen in den Schwarzwald auf die Teilnahme an Bezirksverordnetenversammlungen (BVV) verzichtete. Jetzt aber hat ihn eine schmerzhafte Erkrankung heimgesucht.

Von der AfD als Stadtrat für Marzahn-Hellersdorf aufgestellt: Thomas Braun.
Von der AfD als Stadtrat für Marzahn-Hellersdorf aufgestellt: Thomas Braun.

© Ingo Salmen

Am Donnerstag kapitulierte auch Witt. Die 57-Jährige ist bekannt dafür, dass sie sich normalerweise nicht schont. Sie verantwortet nicht nur ein großes Ressort, das von Weiterbildung und Kultur über das Soziale bis zum Facility Management reicht, sondern ist auch oft bei Lesungen und Ausstellungen anzutreffen. Darauf werde sie in nächster Zeit verzichten müssen, berichtete Witt in einem kurzen Facebook-Eintrag. Ähnlich wie bei Braun sendete auch ihr Körper Warnsignale, die oft typisch bei Stress und Überlastung sind.

Bürgermeisterin Pohle unterbricht Reha nach Knie-OP

So blieben nur noch zwei: SPD-Stadtrat Gordon Lemm und CDU-Stadträtin Nadja Zivkovic. Da Lemm der Dienstältere ist, fällt ihm derzeit die Rolle des diensthabenden Bürgermeisters zu. Witt und Braun hätten sich bis Ende Januar abgemeldet, sagte Lemm am Freitag dem Tagesspiegel.

Hat jetzt das Sagen: SPD-Stadtrat Gordon Lemm.
Hat jetzt das Sagen: SPD-Stadtrat Gordon Lemm.

© promo

Die Folgen sind alles andere als trivial: Mit zwei von fünf Mitgliedern ist das Bezirksamt in seiner wöchentlichen Sitzung nicht beschlussfähig. „Wir müssen aber einige Beschlüsse fassen“, sagte Lemm. Schon am Dienstag stehen nämlich wichtige Punkte auf dem Programm: Der Bezirk muss eine Prioritätenliste für die Beantragung von Mitteln aus dem Siwana-Fonds festlegen, um sie bis Ende Januar bei der Senatsfinanzverwaltung einzureichen. Auch Entscheidungen über Bebauungspläne stehen an und einige Personalfragen, darunter: der Posten des Behindertenbeauftragten.

[Marzahn-Hellersdorf ist ein überraschender Bezirk. Autor Ingo Salmen berichtet jeden Dienstag darüber im Leute-Newsletter – hier kostenlos bestellen: leute.tagesspiegel.de]

„Frau Pohle hat deshalb angeboten, dass sie am Dienstag aus der Reha vorbeikommt, damit die Sitzung stattfinden kann“, berichtete Lemm am Freitag. „Ich habe das dankend angenommen.“ Wie es in der darauffolgenden Woche aussehe, könne er noch nicht sagen.

Eigentlich noch in der Reha: Bezirksbürgermeisterin Dagmar Pohle (Linke).
Eigentlich noch in der Reha: Bezirksbürgermeisterin Dagmar Pohle (Linke).

© promo

„Alles, was wichtig ist und nicht warten kann, unterschreibe ich“

Auch im Alltag wird der Personalnotstand in der Spitze die Verwaltung lähmen. Entscheidungen, die nicht besonders dringend sind, werden aufgeschoben. Gleiches gilt für Grundsatzfragen in den Ressorts der anderen. Lemm und Zivkovic müssen sich auf das Wesentliche konzentrieren – vor allem, wenn Fristen einzuhalten sind.

„Alles, was wichtig ist und nicht warten kann, unterschreibe ich, wenn ich den Eindruck habe, es ist unproblematisch“, kündigte Lemm an. Man könne noch froh sein, dass es nicht Dezember sei und der Jahresabschluss bevorstehe, sagte ein Verwaltungsinsider dem Tagesspiegel.

Stadträtin Zivkovic trinkt sicherheitshalber Tee

In den nächsten Tagen will Lemm mit Zivkovic klären, wer welche Bereiche vertreten wird. Schon am Freitag setzten sie sich deswegen kurz zusammen. „Ich habe sie gebeten, sie möge jetzt bitte nicht auch noch krank werden“, erzählte Lemm. Zivkovic habe geantwortet, sie werde sich bemühen, und danach einen Tee bestellt.

Auch wenn die beiden verbliebenen Bezirksamtsmitglieder arbeitsteilig vorgehen, hat Lemm ein strammes Programm vor sich – vor allem am Donnerstag. Dann muss er am Morgen erst den Bezirk im Rat der Bürgermeister auf Landesebene vertreten, ehe er am späten Nachmittag in der BVV erwartet wird. Was Lemm am Freitag noch nicht sagen konnte: wann er sich darauf vorbereiten kann.

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