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Ein Stück der Berliner Mauer am Zehlendorfer Damm. Klaus Lederer will das Unrecht der DDR politisch aufarbeiten.

© Kai-Uwe Heinrich

Podiums-Diskussion: Wie geht die Linke mit ihren Wurzeln um?

Linken-Chef Klaus Lederer und Gedenkstätten-Direktor Hubertus Knabe diskutieren über die Vergangenheit der Linken. Ganz einig werden sie sich nicht.

Der als möglicher Berliner Kultursenator? Klaus Lederer, Landesvorsitzender der Linken? Bloß nicht, so hatte Hubertus Knabe, Direktor der Gedenkstätte Hohenschönhausen, vor Wochen im Tagesspiegel gewarnt. Doch nun sitzen sie friedlich nebeneinander in bequemen schwarzen Ledersesseln auf dem Podium des Kinos in der Kulturbrauerei, beide in schwarzem Jackett über schwarzem T-Shirt. Auf der Leinwand hinter ihnen läuft eben der Abspann von „Der Ost-Komplex“. Nun sollen sie diskutieren.

Der Dokumentarfilm von Regisseur Jochen Hick erzählt die Geschichte Mario Rölligs. Der Ost-Berliner verliebte sich als Jugendlicher in einen Politiker aus West-Berlin, wollte daher 1987 über Ungarn in den Westen fliehen, wurde an der Grenze zu Jugoslawien festgenommen, nach Hohenschönhausen gebracht, saß dort drei Monate in Haft. Röllig wurde von der Bundesrepublik freigekauft, 1988 reiste er aus. Heute führt er Besucher durch die Gedenkstätte Hohenschönhausen, erzählt Schulklassen seine Geschichte, besucht Diskussionen zur Aufarbeitung der DDR-Geschichte.

Wie geht die Linke mit ihrer Geschichte, ihren Wurzeln um? Mehrfach wird das im Film kritisch thematisiert. Eine Frage, die Lederer – auch er taucht auf der Leinwand auf – und Knabe spaltet.

Der hatte vor einer „ideologisierten Kulturpolitik“ gewarnt, sollte Lederer Kultursenator werden. Nun beklagt er eine unzureichende Aufarbeitung der DDR-Geschichte, auch bei der Linkspartei: „Herr Lederer, ich habe ins Wahlprogramm Ihrer Partei geschaut. Die DDR kommt fast gar nicht darin vor. Das zeigt den Erinnerungsverlust.“ Lederer spricht von furchtbaren Szenen im Film, von der finsteren Geschichte. „Die Auseinandersetzung damit begleitet mich als demokratischen Sozialisten ein Leben lang, das werde ich nicht los, aber darüber bin ich froh.“

Lederer will das Unrecht der DDR aufarbeiten

Knabe legt nach, sagt, die SED habe sich nach der Wende nur umbenannt in PDS. Lederer kontert, er habe in den vergangenen Jahren mehrfach Druck gemacht, die Historie aufzuarbeiten. „Sie wollen sich ja immer nur über meine Partei unterhalten. Vielleicht können wir auch mal gemeinsam über die DDR sprechen.“ Und Lederer bekräftigt, dass sich auch Mitglieder der Linken für DDR-Opfer stark machen würden. Den Gedenkstein für die Opfer des Stalinismus auf dem Zentralfriedhof Friedrichsfelde hätten sie vor Schändung beschützt. Zu Röllig habe er übrigens ein gutes Verhältnis.

Ob das stimme, will der Moderator wissen. Mit Linken wie Lafontaine, Wagenknecht oder Gysi zu sprechen, ginge für ihn gar nicht, antwortet Röllig. Mit Lederer sei das anders, der sei persönlich nicht vorbelastet, habe keine SED- oder Stasi-Vergangenheit. Dann darf das Publikum mitdiskutieren. Um den Film geht es kaum noch. Knabe möge noch einmal sagen, warum Lederer kein geeigneter Kultursenator sei, fordert ein älterer Herr.

Lederer unterscheide sich wohl von anderen Mitgliedern seiner Partei, gesteht Knabe zu, kritisiert aber, dass diese sich nicht dazu bekenne, die DDR als Diktatur zu bezeichnen. Wegen, und nicht trotz seiner Position sei er seit elf Jahren Berliner Vorsitzender, versichert Lederer.

Knabe lädt den Linken zu einer weiteren Diskussion nach Hohenschönhausen ein. „Was ist eigentlich Sozialismus? Da können wir dann tiefer einsteigen“, sagt er. Eine gute Idee, findet Lederer. „Aber dass Sie das Veranstaltungsformat vorgeben und mich dann einladen, finde ich nicht akzeptabel.“ Und er versichert auf eine weitere Rückfrage, dass er sich dafür einsetzen werde, dass im Koalitionsvertrag ein Bekenntnis verankert wird, das Unrecht der DDR aufzuarbeiten, ähnlich wie in Thüringen.

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