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Griff in die Kasse. Am 6. März wurde das Pokerturnier am Potsdamer Platz überfallen. Einer der mutmaßlichen Täter, der bei der Aufklärung half, wurde jetzt wegen einer anderen Raubtat erneut verhaftet. Foto: dpa/pa

© picture alliance / dpa

Berlin: Pokerraub: Kronzeuge erneut verhaftet

Montag beginnt der Prozess um den Überfall im Hyatt-Hotel. Vedat S. soll vorher schon ein Casino in Neukölln ausgeraubt haben

Wenige Tage vor dem Prozessauftakt um den spektakulären Überfall auf das Pokerturnier im Hyatt-Hotel am Potsdamer Platz hat die Polizei den Kronzeugen erneut festgenommen. Wie Freitag bekannt wurde, soll der 21-Jährige mit drei Komplizen – darunter auch einer der mutmaßlichen Pokerräuber – einige Tage vor dem Coup am Potsdamer Platz ein Spielcasino in Neukölln ausgeraubt haben. Außerdem hat die Staatsanwaltschaft am Freitag gegen den mutmaßlichen Initiator Anklage erhoben. Der 31-jährige Mohammed Abou-C. soll am 6. März im Hyatt-Hotel gewesen sein – und via Handy das Startsignal gegeben haben.

Die insgesamt sechs einschlägig bekannten Tatverdächtigen hatten bei dem Überfall nicht ihre eigenen Telefone benutzt. Zuvor hatten sich zumindest die vier jüngsten nebenan bei McDonald’s getroffen und ihren eigenen Handys die Akkus entnommen. Stattdessen benutzten sie Telefone, die zunächst keinem der sechs Verdächtigen zuzuordnen waren. „Es war kniffelig, den Männern bestimmte Telefonate nachzuweisen“, sagte ein Beamter. Die vier 19 bis 21 Jahre alten Freunde Ahmat El-A., Jihad C., Mustafa U. und Vedat S. stürmten gegen 14 Uhr das Hyatt-Hotel. Schlecht vermummt wurden die vier von Kameras gefilmt. Vedat S. trug offenbar seine Gummihandschuhe nicht, hinterließ Fingerabdrücke. Sie flohen mit 242 000 Euro, abgesehen hatten sie es wahrscheinlich auf eine Million, das Preisgeld des Turniers. Passanten hatten sich zuvor das Kennzeichen des Mercedes des 21-jährigen Vedat S. notiert, mit dem die Männer zum Potsdamer Platz fuhren.

Am Montag beginnt der Prozess gegen die vier Männer vor einer Jugendstrafkammer: Sie müssen sich wegen schweren Raubes und Körperverletzung verantworten. Eine Gerichtssprecherin sagte, während der acht Prozesstage werde mit Geständnissen gerechnet.

Der Mercedes und die Spuren am Tatort führten das Landeskriminalamt (LKA) schnell auf die Spur: Vedat S. hielt dem Fahndungsdruck nicht stand, stellte sich. Der Verdächtige bot sich als Kronzeuge an und wurde wenig später aus der Untersuchungshaft entlassen. Er nannte offenbar drei seiner Komplizen: Ahmat El-A. wurde am Rosenthaler Platz in Mitte gefasst, Jihad C. und Mustafa U. stellten sich nach kurzer Flucht in die Türkei und den Libanon auf dem Flughafen Tegel. Der Anwalt von Mustafa U. gab an, dass sein Mandant eher zufällig in die Sache hineingerutscht sei und bei dem McDonald’s-Treffen gar nicht gewusst habe, worum es überhaupt gehe.

Mindestens einer der vier Heranwachsenden nannte in der Untersuchungshaft den Namen des 29-jährigen Onkels von Jihad C. Ermittler bezeichneten Ibrahim El-M. zunächst als Kopf des Quintetts, er soll bei McDonald’s die Tathandschuhe, Masken und eine Machete verteilt haben. Vielleicht hatte er auch eines der anonymen Telefone dabei, um mit dem mutmaßlichen Initiator Mohammed Abou-C. im Hotel zu kommunizieren. In einer Garage in Friedenau wurde das Beutegeld verteilt. Am meisten – 82 000 Euro – soll Onkel Ibrahim El-M. behalten haben. Davon seien 30 000 Euro an Tippgeber Mohammed Abou-C. gegangen, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Aus Justizkreisen heißt es, der 29-jährige Onkel bestreite jede Tatbeteiligung. Beim LKA sagt man jedoch, er habe den Jüngeren eingeschärft, seinen Namen zu verschweigen, „da man sich irgendwann wiedersehen“ werde – eine im Milieu der Angeklagten nicht ungefährliche Anspielung. Die Männer sollen zum Umfeld des gleichnamigen arabischen Clans gehören, der durch Schutzgelder und Drogen verdiene.

Ausgerechnet Vedat S., der Kronzeuge, sitzt jetzt wieder im Gefängnis. Er soll einer der vermutlich insgesamt vier Täter sein, die Ende Februar ein Neuköllner Spielcasino überfallen hatten. Mit dabei soll auch der später angeblich so ahnungslose Mustafa U. gewesen sein. Bei der Verfolgung der Täter in Neukölln schossen Zivilpolizisten einen 17-Jährigen an. Auch ein zweiter Teenager wurde festgenommen. Ein Kenner sagt: „Auch Namen, die man kennt.“

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