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Pokerraub: Von der Beute fehlt weiter jede Spur

Ein Jahr ist der spektakuläre Auftritt her, doch strafrechtlich ist der Pokerraub vom Potsdamer Platz für die vier Räuber, zwei mutmaßlichen Hintermänner und Dutzende genervte Juristen noch nicht abgehakt.

Die vier jungen Männer, die am 6. März 2010 gegen 14 Uhr ein Pokerturnier im Hotel Hyatt stürmten, hatten sich das wohl als Meisterstreich gedacht, doch es kam anders. Zuvor seien Ahmat El-A., Jihad C., Mustafa U. und Vedat S. laut Anklage in einem McDonald’s-Restaurant von einem Älteren instruiert worden, dabei habe er wohl Handschuhe und Masken verteilt. Argwöhnische Passanten notierten das Kennzeichen des Mercedes, mit dem die Jungs angekommen waren, die zudem von Hotelkameras gefilmt wurden. Der polizeibekannte Vedat S. trug offenbar aus Eitelkeit seine Gummihandschuhe nicht und hinterließ Fingerabdrücke. Im Tumult versteckte ein Hotellehrling eine Geldtasche vor den Gangstern. Sie flohen mit 242 000 Euro.

Nach wenigen Tagen wurden die vier Räuber geschnappt, inzwischen sind sie zu Haftstrafen verurteilt. Als Ersten hatte man den heute 22-jährigen Vedat S. erwischt, er nannte seine drei Komplizen und bekam als Kronzeuge Strafrabatt. Mustafa U. wiederum sagte aus, dass der 29-jährige Ibrahim El-M. sie angeheuert habe – und zwar, das glauben Ermittler, auf Initiative von Mohammed Abou-C. Der 31-jährige Spross einer einschlägig bekannten Großfamilie war demnach zur Tatzeit im Hotel und soll via Handy das Startsignal gegeben haben.

Doch Zeugen, die Mohammed Abou-C. konkret der Tat bezichtigen, fehlen. Und auch über Ibrahim El-M. sagt niemand mehr etwas. Die einst so gesprächigen Kumpel Vedat S. und Mustafa U. verweigern die Aussage. Wer sich selbst belasten könnte, darf schweigen. Das Gericht aber will S. unbedingt hören. Er hatte gestanden, seine Strafe ist rechtskräftig, er müsste juristisch mit keinen weiteren Konsequenzen rechnen. Die Richter ordneten Beugehaft an, zu seinen fast vier Haftjahren könnten so sechs Monate Freiheitsentzug hinzukommen. Noch schweigt S., wobei sich Beobachter nicht sicher sind, ob er die beiden Älteren überhaupt belasten würde. Die von der Anklage als „Drahtzieher“ eingestuften Männer bestreiten die Vorwürfe. Auch die Beute ist bisher nicht aufgetaucht. Nur Mustafa U. hat 4000 Euro zurückgegeben und 1000 weitere auf der kurzen Flucht ausgegeben: 237 000 Euro Beute fehlen.

Am Dienstag geht es weiter. Das Gericht wirke mit der „Hängepartie“ zuweilen überfordert, sagen Beobachter, die zwei Angeklagten seien „alles andere als pflegeleicht“: Inzwischen munkelt man, dass der Prozess bis Weihnachten dauern werde. Hannes Heine

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