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Berlin: Poldi serviert und Kahn versteht nicht

Wie geht es Podolski, Schneider und Schweinsteiger vor dem großen Spiel? Wir haben sie einfach mal angerufen

Hallo? Wer ist da? Hallo? Aufgelegt. Oliver Kahn versteht mich nicht. Es muss an seinem Telefon liegen. Meins ist in Ordnung. Bei Mertesackers ist niemand zu Hause. Auch Ballack nimmt nicht ab. Jens Lehmann legt auf, bevor die einleitende Frage endet. Es ist nicht leicht, mit Berlinern ins Gespräch zu kommen, deren Familiennamen zehntausende Fußballfans zu einem großartigen Chorgesang animiert, die ansonsten aber nichts mit der Klinsmann-Elf zu tun haben.

Robert Podolski ist da aufgeschlossener. Liegt vielleicht an den beiden Toren, die Poldi gemacht hat. Die haben Herrn Podolski viel spontane Sympathie und je ein Freibier eingebracht. In dem französischen Restaurant in seinem Haus haben sie schon Kapital geschlagen aus dem Torjäger der deutschen Nationalelf. „Heute serviert Podolski“, schrieb der Wirt auf die Werbetafel. Und die Hütte war voll.

Robert Podolski kellnert normalerweise nicht, sondern vertreibt ein Produkt namens „Airnergy“, eine Atemluft-Therapie für Stressgeplagte und Fußballer. Die Klubs FC Bayern München und Hertha BSC würden Airnergy verwenden, sagt Podolski. Ob unser Nationalcoach Klinsmann seine Mannen damit aufpäppelt, weiß er nicht. Sicher ist nur, dass der Vater von Robert Podolski aus Gleiwitz stammt – genau wie Lukas Podolski. Wahrscheinlich eine Übereck-Verwandtschaft.

Es gibt noch einen Hubert Pudolski in Berlin, aber „der hat mit der WM nichts zu tun“, versichert eine weibliche Stimme. Im Übrigen sei er „über 100 Jahre alt“ und für die Presse nicht zu sprechen. Taxifahrer Boris Podolski lebt seit 15 Jahren in Berlin, kommt aber ursprünglich aus Russland. Seinen kickenden Namensvetter findet er „prima“, die ukrainische Mannschaft liegt ihm aber noch mehr am Herzen als die deutsche.

Zweiter Versuch bei Oliver Kahn. Er versteht mich immer noch nicht. Seine Laune sinkt deutlich unter WM-Niveau.

Bernd Schneider hat B. Schneider auf sein Klingelschild geschrieben, weil er weder ein Fan von Bernd Schneider, dem Fußballer, noch von Bernd Schneider, dem Formel-3-Rennfahrer ist. Eigentlich interessiert er sich weder für Fußball noch für Motorsport. Die WM-Spiele guckt er nicht. Er sei schon etwas älter, habe mal Theologe und Buchhalter gelernt und unternehme gerne ausgiebige Spaziergänge. Ohne Stöcke. „Kein Nordic Walking!“ Bernd Schneider nimmt solche Anglizismen nur im Notfall in den Mund.

Bei Georg Asamoah hört man das Spiel Brasilien-Ghana im Hintergrund. Es steht 2:0 für Brasilien. Herr Asamoah kommt aus Ghana und hofft immer noch, dass sein Land Weltmeister wird. Nach dem 3:0 setzt er auf Deutschland. Er findet, dass Klinsmann Gerald Asamoah unbedingt öfter einsetzen sollte. Der kommt auch aus Ghana. Georg Asamoah spielt jeden Sonntag Fußball, mit seinen Kumpels. In der Woche fährt er Pakete aus.

Der Name Schweinsteiger findet sich im Berliner Telefonbuch nur einmal. Er sei der einzige Repräsentant der oberbayerischen Sippe in der Hauptstadt, bestätigt Rainer Schweinsteiger, Kaufmann im Ruhestand. Wie „Schweini“ stammt er aus Oberaudorf am Inn – dort wimmelt es von Schweinsteigers – und wurde als Kind auch Schweini gerufen. Auf seinen Namen werde er schon manchmal angesprochen, aber blöde Witze muss er sich nicht mehr anhören. Für Fußball interessiert sich Schweinsteiger sehr, aber weniger als Fan. Und was hält er von Schweini? „Mir gefällt seine Spielweise.“ Ein bisschen fiebert er schon mit, wenn sein Namensvetter am Ball ist.

Oliver Kahn, dritter Versuch. Hallo? Wer? Aufgelegt.

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