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Berlin: Politik streitet über Ehrung für Bohley CDU verärgert Senat mit Ehrenbürger-Forderung

Das Ehrenbürgerrecht ist die bedeutendste Auszeichnung Berlins. Und seit gestern ist es, erneut, ein kontrovers diskutiertes Politikum.

Das Ehrenbürgerrecht ist die bedeutendste Auszeichnung Berlins. Und seit gestern ist es, erneut, ein kontrovers diskutiertes Politikum. Die Berliner CDU hat am Montag vorgeschlagen, die zwei Tage zuvor gestorbene einstige DDR-Bürgerrechtlerin Bärbel Bohley zur Ehrenbürgerin zu machen. Das verärgert den Senat und die rot-rote Koalition. Denn die schätzen Bohleys Verdienste um Berlin und die deutsche Einheit zwar ähnlich hoch ein wie die CDU. Eine Ehrenbürgerschaft lehnen sie jedoch aus einem formalen Grund ab: Die Auszeichnung wird nach den Richtlinien und der bisherigen Praxis nicht posthum sondern zu Lebzeiten verliehen, sagte der amtierende Senatssprecher Günter Kolodziej.

Das sei bei allen 116 bisherigen Ehrenbürgern der Fall – mit Ausnahme von Marlene Dietrich, die erst nach ihrem Tod 1992 geehrt wurde. Allerdings sei dies ein Sonderfall, da man der Schauspielerin und Sängerin die Ehrenbürgerschaft zu Lebzeiten angetragen und Dietrich ihre Bereitschaft zur Annahme deutlich gemacht habe.

Die CDU will dennoch an ihrem Vorhaben festhalten und einen entsprechenden Antrag ins Abgeordnetenhaus einbringen, erklärten der CDU-Kulturpolitiker Michael Braun und sein Parteifreund, der Vizepräsident des Abgeordnetenhauses Uwe Lehmann- Brauns: „Bärbel Bohley war das Gesicht und die Stimme des Aufbruchs zur friedlichen Revolution in der DDR 1989“. Sie zu ehren, „ist Verpflichtung und Aufgabe für alle Berliner zugleich“.

Der Senatssprecher und Vertreter der Koalitionsparteien verweisen darauf, dass die Ehrenbürgerschaft ein „aktives Recht“ ist. Es gehe um die „lebendige Beziehung der Stadt und der Geehrten“, sagt Kolodziej. Die Ehrenbürgerschaft sei nicht nur ein Dank für bisherige Verdienste, sondern auch „ehrende Aufforderung“ für die Zukunft. Außerdem sei Bohley bereits 1994 auf Vorschlag des damaligen Regierenden Bürgermeisters Eberhard Diepgen mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt worden. Der Linken-Kulturpolitiker Wolfgang Brauer wirft den CDU-Abgeordneten vor, sich mit dem unmittelbar nach Bohleys Tod gemachten Vorschlag aus politischem Kalkül „unlauter und pietätlos“ zu verhalten. Wenn es der CDU wirklich um eine Würdigung der Bürgerrechtlerin ginge, hätte man die Ehrenbürgerschaft zu ihren Lebzeiten anregen können. So habe die Anregung der Union ein politisches „Geschmäckle“.

Gefragt, wieso er sich nicht zu Lebzeiten Bohleys für ihre Ehrenbürgerschaft eingesetzt habe, sagt Lehmann-Brauns, der die Bürgerrechtlerin einst auch als Anwalt vertreten hat: „Ich kann auch nicht immer Ehrenbürger vorschlagen.“ Auch habe Bohley in ihren letzten Jahren „sehr zurückgezogen“ gelebt. Zudem sei er erst durch die vielen anteilnehmenden Reaktionen auf Bohleys Tod am Wochenende zum Vorschlag der Ehrenbürgerschaft angeregt worden. Lars von Törne

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