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Berlin: Politik sucht Nähe zu den Kindern

Abgeordnete debattierten darüber, wie überforderte oder gewalttätige Eltern besser überwacht werden können

Viele Ideen sind im Gespräch, um etwas gegen die Verwahrlosung von Kindern zu tun. Verpflichtende Vorsorgeuntersuchung, die Vernetzung all derjenigen, die mit Kindern zu tun haben, damit es früher auffällt, wenn Eltern ihre Kinder vernachlässigen oder sie misshandeln – das hat die CDU-Fraktion in einem Antrag gefordert. Das Abgeordnetenhaus hat darüber in der Aktuellen Stunde am gestrigen Donnerstag heftig gestritten.

Die CDU-Abgeordnete Cerstin Richter-Kotowski erinnerte daran, dass Berlin bei der Statistik der misshandelten und vernachlässigten Kinder „eine traurige Spitzenstellung“ einnehme. Die CDU will den Kinderschutz durch ein Frühwarnsystem verbessern. Dann könnten möglichst früh Gespräche mit den Eltern geführt werden, die Hilfe bräuchten. In vielen der bekannt gewordenen Fälle hätten die Jugendämter bereits zuvor Hinweise darauf gehabt, dass Eltern sich zu wenig um ihre Kinder kümmerten. Deshalb dürfe der Senat nicht Stellen von Mitarbeitern streichen, die beim öffentlichen Gesundheitsdienst für die aufsuchende Sozialarbeit zuständig seien.

Kinderschutz- Fachkräfte für die Kitas forderte der FDP-Abgeordnete Sonning Augstin. Das von der CDU vorgeschlagene Netzwerk sei vernünftig, ebenso wie das „Frühwarnsystem“. Eine verpflichtende Vorsorgeuntersuchung für kleine Kinder sei deshalb aber nicht nötig: „Die Gesellschaft insgesamt“ müsse „sensibilisiert“ werden. „Wir alle müssen lernen, wieder hinzuschauen“, so Augstin.

Die Grünen-Abgeordnete Ramona Pop sprach sich ebenfalls dafür aus, den Kinderschutz rechtlich zu stärken. Fatal sei, dass der Senat gerade in diesem Bereich spare. Um die Prävention zu verbessern, seien regelmäßige Untersuchungen sinnvoll. Bisher gebe es zu wenig Anlaufstellen für den Kinderschutz – nur das Kommissariat für Delikte an Schutzbefohlenen bei der Polizei. Mit diesem aber arbeiteten die Jugendämter nicht zusammen.

Jugendsenator Klaus Böger verwahrte sich gegen den Eindruck, der Senat fange gerade erst an zu handeln. So habe er mit der Justizsenatorin auf eine bessere Zusammenarbeit von Familiengerichten und Jugendämtern hingewirkt. Die Ideen der CDU-Fraktion hält er aber für diskussionswürdig. Das gelte etwa für einen Düsseldorfer Modellversuch, den die Union in ihrem Vorschlagskatalog genannt hatte und den man eventuell übernehmen wolle. In einer Düsseldorfer KIinik wird jungen Frauen schon vor der Entbindung Hilfe angeboten. Außerdem müsse die „aufsuchende“ Sozialarbeit begonnen werden. Eine Bundesratsinitiative für eine verpflichtende Vorsorgeuntersuchung hält Böger für sinnvoll.

Der SPD-Abgeordnete Karlheinz Nolte hielt der Union „Kopflosigkeit“ vor – das geforderte Netzwerk Kinderschutz steht seiner Meinung nicht auf einer tragfähigen Rechtsgrundlage. Er warb für verpflichtende Reihenuntersuchungen an Drei- bis Vierjährigen. Solche Untersuchungen seien aber „kein Lösungsansatz“, wenn man verhindern wollte, dass Eltern ihre Kinder vernachlässigten.

Die Linkspartei-Abgeordnete Margrit Barth wies darauf hin, dass die Koalition bereits im neuen Kita- oder Schulgesetz einiges veranlasst habe. So seien Erzieherinnen bereits gehalten, Anzeichen von Misshandlungen dem Jugendamt mitzuteilen. Zu den Ursachen von Vernachlässigung gehöre aber auch, „dass die Lebenslagen vieler Familien“ immer schwieriger würden.

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