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Politiker: Machtspiel ohne Pensionspflicht

Für Kassenärzte und Beamte gibt es ein Höchstalter. Politiker wollen davon nichts wissen. Sie sträuben sich dagegen, ab einem bestimmten Alter in Rente zu gehen.

Wäre er Arzt, müsste Christian Ströbele seinen Job aufgeben. Kassenärzte werden mit 68 Jahren in Rente geschickt, ob sie wollen oder nicht. Ströbele ist 69 und denkt noch lange nicht an die Rente. Als direktgewählter grüner Abgeordneter sitzt er für Friedrichshain-Kreuzberg im Bundestag. Dort ist das Durchschnittsalter 49 Jahre. Dass er 20 Jahre darüber liegt, sieht Ströbele, seit 1985 im Bundestag, keineswegs als Nachteil. „So, wie Jungsein allein nicht per se gute politische Arbeit garantiert, folgt auch aus hohem Alter nicht niedrige Qualität des politischen Einsatzes“, hat er in seiner Erklärung gesagt, mit der er die erneute Kandidatur bei der Wahl im nächsten Jahr begründet hat.

Selbstverständlich ist das nicht. Denn es gibt durchaus gesellschaftliche Bereiche, in denen es einen Unterschied machen kann, wie alt jemand ist. So urteilte das Bundesverfassungsgericht einst, dass die Leistungsfähigkeit eines Menschen im Alter nachlasse und es deshalb nicht zu beanstanden sei, wenn der Gesetzgeber ein Lebensalter festlege, ab dessen Erreichen die Fortführung des Berufes zu untersagen sei. Diese Sicht gilt allerdings als zunehmend überholt. So will die Bundesregierung die Zwangsverrentung der Ärzte ab 2009 abschaffen. Es sei gut, „wenn leistungsfähige Ärzte auch über die Altersgrenze von 68 Jahren hinaus ihre Berufs- und Lebenserfahrung der Gesellschaft zugute kommen lassen“, heißt es aus dem Bundesgesundheitsministerium.

Wenn es um Politiker geht, gibt es geteilte Meinungen, bis zu welchem Zeitpunkt ihre Lebenserfahrung als Gewinn gesehen wird – und ab wann sie den Weg für Nachwuchskräfte frei machen sollten. Dazu kommt, dass man sich bei Verantwortungsträgern wegen ihres Alters Sorgen macht, ob sie die Herausforderungen noch meistern. Prominentestes Beispiel dürfte derzeit John McCain sein, der republikanische US-Präsidentschaftskandidat, dem angesichts seines Alters von 72 Jahren und seiner angeschlagenen Gesundheit Zweifel entgegenschlagen, ob er der Richtige wäre.

Explizite Altershöchstgrenzen für politische Ämter sind dennoch weltweit die Ausnahme. So haben drei Schweizer Kantone ein Höchstalter von 65 Jahren für Politiker festgelegt. Und die „Neue Zürcher Zeitung“ berichtete vor einiger Zeit von der Gemeinde Madiswil, die ein Alterslimit erlassen hat, das es über 70-Jährigen verbietet, für politische Ämter zu kandidieren. Begründung: Man wolle „das Phänomen der Sesselkleber verhindern.“

In Deutschland gibt es Altersgrenzen für öffentliche Ämter in der Regel nur als Mindestalter. So müssen Bundestagsabgeordnete mindestens 18 Jahre alt sein, Regierende Bürgermeister und Bundeskanzler ebenfalls. Auch um in ein Landesparlament gewählt zu werden, muss man lediglich volljährig sein, nur in Hessen liegt das Mindestalter bei 21 Jahren. Für das höchste Amt gilt auch die höchste Hürde: Wer Bundespräsident werden will, muss das 40. Lebensjahr vollendet haben.

Für viele ist die Frage des Lebensalters von Politikern schlicht irrelevant. „Ich kenne 25-Jährige, die im Kopf älter sind als manch 75-Jähriger“, sagt Harald Wolf (Linke), der Wirtschaftssenator.

Soll es eine Altersgrenze für Politiker geben? Rufen Sie am heutigen Sonntag zwischen 8 und 23 Uhr an. Wenn Sie dafür sind, wählen Sie 0137-20 33 33 - 1. Sind Sie dagegen, wählen Sie 0137-20 33 33 - 2 (14 Cent pro Anruf). Das Ergebnis veröffentlichen wir am Dienstag. Diskussion im Internet: www.tagesspiegel.de/umfragen

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