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Berlin: Politiker unterstützen Frauenrechtlerin Nach Angriffen in einer türkischen Zeitung

„Diese Anwältin ist irre geworden“, schrieb die türkische Zeitung „Hürriyet“ am Sonntag über Seyran Ates. Diese Überschrift bringt die Frauenrechtlerin und Rechtsanwältin auch gestern noch aus der Fassung.

„Diese Anwältin ist irre geworden“, schrieb die türkische Zeitung „Hürriyet“ am Sonntag über Seyran Ates. Diese Überschrift bringt die Frauenrechtlerin und Rechtsanwältin auch gestern noch aus der Fassung. „Ich lasse den Text jetzt von einer eidesstattlich geprüften Dolmetscherin übersetzen, damit ihn auch meine deutschen Freunde lesen können“, sagt sie am Montag. Die auflagenstarke Boulevardzeitung hatte Ates aufgrund eines Interviews in der „Taz“ am 28. Februar mit scharfen Worten angegriffen. „Seyran Ates behauptet, dass alle türkischen Frauen wie Gefangene leben“, warf die Hürriyet der Trägerin des Frauenpreises 2004 vor. „Ich habe immer klargestellt, dass ich nur für die Frauen spreche, die in meine Kanzlei kommen“, betont Seyran Ates, die seit Oktober vergangenen Jahres Mitglied in der SPD ist.

So eine Überschrift wie in der „Hürriyet“ über Seyran Ates „gehört sich nicht“, sagt die türkischstämmige SPDPolitikerin Dilek Kolat. Ates sei eine Kämpferin für Menschenrechte. Allerdings müsse sie aufpassen, dass in der Diskussion nicht verallgemeinert wird. Nicht jede muslimische Frau werde zwangsverheiratet. „Es gibt zahlreiche türkische Frauen in Deutschland, die ihr unabhängiges Leben leben“, sagt Kolat. Dahingegen verteidigt die Türkische Gemeinde zu Berlin (TGD) den Artikel in der „Hürriyet“. „Misshandelte Frauen gibt es sicherlich auch. Dies sind aber Einzelfälle“, sagt der Vorsitzender des mitgliederstarken konservativen Vereins, Tacittin Yatkin. Er persönlich kenne keine einzige Türkin, die zu Hause eingesperrt werde.

Von deutscher Seite aus mangelt es nicht an Solidarität. Die Frauenrechtlerin Seyran Ates sei ein „rotes Tuch“ für viele türkische Männer, sagt Christoph Lang, Sprecher von Frauensenator Harald Wolf (PDS). Eine Überschrift wie „Diese Anwältin ist irre geworden“ zeige, dass „Diskriminierung und Entrechtung von Frauen keine Frage der Religion ist, sondern ein Indiz dafür, dass patriarchalische Strukturen vorhanden sind“.

Für Frauenpolitikerinnen wie Evrim Baba (PDS), Sibyll Klotz (Grüne) und Mieke Senftleben (FDP) ist Seyran Ates eine mutig auftretende Frau. Baba: „Sie ist eine Frauenrechtlerin, die wir unterstützen werden.“ Baba findet die Hürriyet-Schlagzeile „nationalistisch“. Seyran Ates greife nicht die Türkei an, sondern kämpfe dagegen, dass es in der Türkei und unter Muslimen immer noch Zwangsverheiratungen gibt. FDP-Politikerin Senftleben erwartet von hier lebenden muslimischen Männern, dass auch sie „über das selbstbestimmte Leben von Frauen“ diskutieren. Für Sibyll Klotz von den Grünen ist die „Art und Weise, wie die Hürriyet Seyran Ates diskreditiert, unerträglich“. Dadurch leiste die türkische Zeitung „einer Bedrohung von Ates durch Dritte Vorschub“, befürchtet Sibyll Klotz. suz/sib

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