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Lange Nacht. Berlins parteiloser Finanzsenator Ulrich Nußbaum unterhielt sich zu Beginn seiner „Von-8- bis-8“-Tour beim Kaffee mit Mitarbeitern der Stadtreinigung.Foto: dpa/Marius Becker

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Politiker unterwegs: Der Finanzsenator macht eine Nacht durch

Ulrich Nußbaum inspizierte das unermüdliche Wirken der Landesbetriebe und hinterließ – trotz kritischer Fragen – fast überall einen guten Eindruck

Um 1.17 Uhr hat Oberbrandmeister Volker Noack seinen großen Moment. Gerade hat Feuerwehrchef Wilfried Gräfling Finanzsenator Ulrich Nußbaum sacht zum Aufbruch gemahnt – schließlich soll neben der Feuerwache auch noch die benachbarte Einsatzleitstelle Charlottenburg-Nord besucht werden – da bricht aus Noack hervor, „was er dann doch nochmal ganz gerne loswerden würde“: dass die Berliner Feuerwehrleute bei deutlich höherer Einsatzdichte sechs Prozent weniger Lohn bekämen als die nach Tarif bezahlten Feuerwehren des Umlands.

Nußbaum, der bei Kaffee und Gebäck mit den wachhabenden Feuerwehrleuten im Aufenthaltsraum der Wache sitzt, schaut ernst und sagt in einem Ton, der vielleicht etwas zu routiniert klingt: dass Berlin pleite sei, sein Job als Senator „reine Mangelverwaltung“ und dass just bereits 250 Millionen Euro in Gehalts- und Bezugserhöhungen im öffentlichen Dienst und bei den städtischen Beamten geflossen seien. Später wird er vor einer Fernsehkamera noch hinzufügen, dass das ja alles „zu Lasten der Steuerzahler“ gehe – diese Fußnote hat Nußbaum Noack nicht zugemutet. Der ist vorerst zufrieden: „Ick hab mir nüscht vorzuwerfen – hab’s wenigstens versucht.“ Nußbaums Besuch sieht er trotz dessen Zurückhaltung positiv: „Jetzt weiß er wenigstens, wie’s hier aussieht.“

Viele sind in dieser Nacht angetan von dem Finanzsenator – dessen Tour „von 8 bis 8“ durch landeseigene Betriebe, die auch und vornehmlich nachts arbeiten, kommt an. Die Tour beginnt um 20 Uhr mit einem Besuch der Berliner Stadtreinigung in der Friedrichshainer Mühlenstraße und endet zwölf Stunden später bei einem Radiosender am Kurfürstendamm, wo Nußbaum zu Gast in der Morning-Show ist. Stationen dazwischen: Friedrichstadtpalast, Feuerwehr, Hafen, Großmarkt und die Rettungsstelle des Vivantes-Klinikums in Friedrichshain. Auf dem Weg durch die Nacht überzeugt Nußbaum durch ehrliches Interesse: „Man merkt, dass er selbst aus dem Handel kommt“, ist Blumengrossist Peter Skowak nach einer längeren Unterhaltung um 4.30 Uhr in der Früh beeindruckt, spricht gar von einem „Anti-Politiker“.

Dass dieser Anti-Politiker sonst nicht für alle Landesbeteiligungen gleich gut greifbar zu sein scheint, fällt da kaum noch ins Gewicht. „Wenn ich etwas von Herrn Nußbaum will, rufe ich ihn an, das muss ich nicht nachts um drei am Hafen bereden“, lacht Peter Stäblein, Geschäftsführer der Berliner Hafen- und Lagerhausgesellschaft, während über ihm und Nußbaum eine Hebebrücke 40-Fuß-Container auf einen Lastzug setzt. Andere sind da weniger entspannt: „Wir sind schon extrem interessiert daran, einem Mitglied im Aufsichtsrat zu zeigen, wo das Geld bleibt“, betont Daniel Schachinger, eifriger Chef der Rettungsstelle im Friedrichshainer Vivantes-Klinikum. Und auch Feuerwehrchef Gräfling ist in der Kleiderkammer der Feuerwache sichtlich bemüht, ein wenig Politik zu machen – wieder und wieder weist er auf die zum Teil zehn Jahre alten Brandschutzanzüge hin.

Ob denn in dieser Hinsicht nicht bereits viel getan worden sei, fragt Nußbaum darauf. „Schon“, muss Gräfling zugeben, schließlich hat er kurz zuvor in der Fahrzeughalle selbst stolz ein neues Löschfahrzeug präsentiert. „Und die Ausrüstung ist gut?“ fragt Nußbaum dann auch den Oberbrandmeister Volker Noack, nach dessen Vorstoß hinsichtlich höherer Löhne. „Schon“, sagt der zögerlich. „Na also“, sagt Nußbaum.

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