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Jan Stöß ist Landesvorsitzender der SPD in Berlin.

© dpa

Politische Gewalt in Berlin: Zweierlei Zorn

Berlins SPD-Chef Jan Stöß verglich den Brandanschlag auf das Auto eines Journalisten mit SA-Methoden. Aktionen gegen Thilo Sarrazin waren ihm jedoch keine harten Worte wert - ganz im Gegenteil.

Am 2. März schrieb der Berliner SPD-Vorsitzende Jan Stöß bei Twitter über das SPD-Mitglied Thilo Sarrazin: „Wenn wir ihn schon nicht loswerden: Ausgerechnet das Berliner Ensemble sollte dem nicht auch noch seine Bühne öffnen.“ Der Tweet ist verlinkt mit einem Bericht über den gescheiterten Versuch Sarrazins, im Berliner Ensemble aus seinem Buch „Der neue Tugendterror“ zu lesen. Einhundert Demonstranten vor der Tür und ein paar dahinter hatten das effektvoll verhindert. Dem SPD-Chef schien’s recht so zu sein.

Danke, liebe Antifa.

Am 19. März kommentierte Stöß bei Twitter den Brandanschlag auf das Auto eines Journalisten mit den Worten: „Das sind SA-Methoden.“

Dass zwischen seinen Reaktionen in dem einen und dem anderen Fall Welten liegen, nicht aber zwischen den Methoden, kam Stöß offenbar nicht in den Sinn. Ohne die gesprengte Sarrazin-Veranstaltung zu erwähnen, bekannte er am Sonntag im Tagesspiegel, dass er nun ebenfalls „gerechten Zorn“ empfinde, zumal auch Büros der SPD das Ziel von Anschlägen seien. Der politische Irrsinn werde schon dadurch deutlich, „dass wir zunächst gar nicht wissen, ob es sich um Angriffe von Neonazis oder eben sogenannten Autonomen handelt“. Als ob der Irrsinn besser würde durch eine bestimmte Absenderfarbe.

Vielleicht hat Stöß mitbekommen, dass vor ein paar Wochen das Wohnhaus von Thilo Sarrazin attackiert worden ist und vor ein paar Tagen das Bürgerbüro des CDU-Abgeordneten Kurt Wansner. Die Polizei rät Wansner deshalb, den Oranienplatz zu meiden, jenes gesetzlose Gelände, das die Berliner Politik wie eine heiße Kartoffel herumreicht. Wenn es Stöß ernst ist mit seinem Appell, die demokratischen Parteien müssten jetzt zusammenstehen, sonst stürbe die Freiheit stückchenweise, kann er Wansner bei einem Besuch des Oranienplatzes begleiten und Sarrazin zu seiner nächsten Lesung. Er muss ja nicht hinhören. Die Freiheit stirbt nicht erst, wenn’s brennt.

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